East Coast, Neuseeland - 24. März bis 3. April 2016

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Wir waren etwas angeschlagen von der Marathon-Wanderung vom Vortag und gönnten uns eine erholsame Nacht auf dem Holiday Park Campground in Invercargill. Allerdings war es mit der Ruhe schnell vorbei, als sich Hani, unser AirBnB Gastgeber aus Auckland, bei uns meldete. Er hatte nämlich Post für uns bekommen und nun, nach der dritten scharfen Mahnung, endlich daran gedacht, uns zu kontaktieren. Die ursprüngliche Forderung von 45 NZD belief sich durch Mahngebühren und Inkassospesen inzwischen schon auf 100 NZD. Wir hatten keine Ahnung, wofür wir belangt werden sollten. Also riefen wir sofort beim Inkassobüro an, wo man uns auf die Sprünge half. Es handelte sich um eine Parkbusse vom 28. Januar, eingefangen in Dunedin. Da wir das Auto erst eine Woche später gekauft hatten und wir bis anhin noch gar nicht in Dunedin waren, war schnell klar, dass wir das Knöllchen von unseren Vorgängern «geerbt» hatten. Das interessierte die Dame am anderen Ende der Leitung aber leider nicht die Bohne. Erst unser Besuch bei der kostenlosen Rechtsberatung (bitte die Wortkombination «kostenlos» und «Rechtsberatung» mal kurz wirken lassen) und zwei weitere Telefonate brachten die Hyänen zur Räson.

Nach getaner Arbeit verliessen wir Invercargill in Richtung Catlins. Wir fuhren über die «Scenic Route» zur Curio Bay, wo wir Delphine und mit viel Glück sogar einen der seltenen «Yellow-Eyed» Pinguine beobachten konnten. Der Zeltplatz an der Curio Bay war fantastisch (vielen Dank Mel C. aus B. für den Tipp). Auf der Fahrt durch die Catlins machten wir kurze Spaziergänge entlang der Strasse zum Slope Point (der südlichste Punkt Neuseelands, mit seinen lustigen, vom Wind frisierten Wäldern), den McLean Falls (wunderschöner Wald), dem Lost Gipsy Bus (ein Sammelsurium skuriler Bastlereien und Sammlungen), den Purakaunui Falls (sahen auf dem Prospekt besser aus als in Echt) und dem Nugget Point (wunderschöner Leuchtturm hoch über den Klippen). Ich fand diesen «Stop-and-go»-Reisestil ziemlich anstrengend. Aber die wilde Küste hier ist schon etwas ganz Spezielles und steht in krassem Gegensatz zur Golden Bay auf der anderen Seite der Insel.

Nach so viel Wildnis haben wir uns in Dunedin wieder einmal in einem Hostel einquartiert. Da gerade Karfreitag war, lief in der ganzen Stadt rein gar nichts. Also tranken wir in der Küche eine Flasche Wein und freundeten uns mit Juli und Connor an. Mit Juli machten wir am nächsten Morgen einen kleinen Stadtbummel und besuchten den Farmers-Market am Bahnhof. Unterwegs habe ich noch den Eingang zum Club gesehen wo F.K. nun aus V. und ich vor 12 Jahren rausgeworfen worden sind. So viele tolle Erinnerungen hier an jeder Ecke. Am Nachmittag sind wir auf die vorgelagerte Halbinsel Otago gefahren und danach haben wir uns in der Spights Brauerei etwas Währschaftes gegönnt.

Am Ostersonntag verliessen wir Dunedin ohne konkretes Ziel. Wir fuhren der Ostküste entlang weiter nordwärts, machten bei den Moeraki Boulders halt und fuhren dann bei Oamaru landeinwärts. Die Landschaft wurde schnell wieder alpiner und beim Lake Pukaki verschlug es uns wirklich fast die Sprache. Dieser See ist so schön, dass es fast schon kitschig ist. Wir campten am Fusse des Mount Cook und machten am Morgen eine leichte Wanderung zum höchsten Berg Neuseelands (3'724 m). Danach fuhren wir zum Lake Tekapo (ebenfalls wunderschön) und anschliessend weiter Richtung Geraldine. Hier wollten wir eigentlich Mary noch besuchen (die Schwester von Andy). Aber weil wir sie nicht kontaktieren konnten, fuhren wir einfach weiter bis nach Akaroa.

Von Akarao war es nur noch ein Katzensprung nach Christchurch und ich wurde allmählich ziemlich nervös. Hier hatte ich vor 12 Jahren einen unglaublich tollen und intensiven Monat verbracht. Wir wussten natürlich, dass die Stadt seit dem verheerenden Erdbeben von 2011 nicht mehr dieselbe war. Trotzdem waren wir vom Ausmass der Zerstörung geschockt. Aber mal der Reihe nach. Ich wollte meiner damaligen Gastfamilie ein Geschenk kaufen und für F.K. aus V. bei der Laube am Fluss einen Schatz vergraben (an diesem Platz haben wir meist die Tage ausklingen lassen). Also kauften wir uns die Utensilien im Supermarkt und fuhren via Sumner (wo es noch einigermassen ok aussah) nach New Brighton. Nur konnte ich da mein altes Quartier nicht mehr finden. Ein Blick auf die Karte half mir zu verstehen, dass wir eigentlich schon am richtigen Ort waren. Nur war kein einziges Haus mehr dort und wir standen vor einer grossen Wiese, wo nur noch die betonierten Einfahrten daran erinnerten, dass hier mal Menschen gelebt haben. Die Strasse mit der Laube war komplett gesperrt und die Laube selber existierte auch nicht mehr. Uns standen die Tränen wirklich zuvorderst und wir machten uns völlig desillusioniert auf den Weg zu unserem Hostel. Am nächsten Tag wollten wir die Innenstadt erkunden. Auch hier traf mich fast der Schlag. Der Cathedral Square ist kaum wiederzuerkennen. Die Kathedrale ist zum Teil eingestürzt und die Gebäude drum herum entweder gesperrt, abgerissen oder ebenfalls eingestürzt. Es war wirklich traurig, diesen einst so lebendigen Platz so anzutreffen. Zwischen all den Bauruinen werden emsig neue Gebäude hochgezogen (sofern es die Statik erlaubt) und wenigstens war der Hagley Park noch derselbe. So versprüht die Stadt schon auch einen eigenen Charme und eine gewisse optimistische Haltung. Aber es war extrem schwierig für mich, all die schönen Erinnerungen durch die aktuellen Eindrücke überschattet zu sehen. 

Wir waren froh, als wir die Stadt wieder verliessen. Vor uns lag Kaikoura, wo wir eine Whale-Watching-Tour buchten. Per Schnellboot ging es weit raus aufs Meer und dort horchte der Kapitän mit einem Ortungsgerät den Ozean ab. Die Wale machen beim Auftauchen nämlich ein spezielles Geräusch uns so kann man dann rechtzeitig am richtigen Ort sein, wenn die dicken Fische ihre Fontänen in die Luft schiessen und mit der Flosse winken. So funktioniert es zumindest in der Theorie. In der Praxis war es dann leider so, dass wir kreuz und quer über den Ozean düsten und nirgends einen Walfisch zu Gesicht bekamen. Erst beim letzten Versuch hörte unser Stevie-Wonder-Verschnitt einen Wal. Wir sahen ihn von Weitem noch ein paar Sekunden an der Oberfläche, dann tauchte er ab und war weg. Schade. Vom Tourenanbieter gab es anschliessend 80 % des Preises zurück.

Nach dieser eher enttäuschenden Tour fuhren wir ganz in den Norden der Insel nach Nelson. In diesem schönen Städtchen verbrachten wir ein paar erholsame Tage, trafen uns nochmal mit Juli und liessen unsere Zeit auf der Südinsel gemächlich und bei ein paar Bierchen ausklingen.

Traumstrand an der Curio Bay

Fiordland, Neuseeland - 16. bis 23. März 2016

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Am Morgen unserer Abreise in Wanaka hatte Andy eine Überraschung für uns parat: Er musste zwar schon ganz früh zur Arbeit, informierte aber per SMS, dass er uns ganz kurzfristig noch auf seinen 10-Uhr-Flug in den Milford Sound einbuchen konnte! Wir konnten unser Glück kaum fassen und waren ganz aufgeregt. Da wir sofort nach Queenstown aufbrechen mussten, blieb nur noch wenig Zeit zum Packen und für ein kurzes Frühstück. Danach verabschiedeten wir uns von Myl und fuhren über den Crown Range von Wanaka nach Queenstown. Nach gut einer Stunde erreichten wir pünktlich den Flughafen, wo wir bei Milford Sound Flights bereits von Andy erwartet wurden. In einer kleinen Maschine (12 Plätze) hoben wir ab und flogen bei traumhaftem Wetter über Queenstown, den Lake Wakatipu und die Südlichen Alpen in den Milford Sound hinein. Auf dem Hinflug sass ich als "Co-Pilot" neben Andy und hatte von da vorne natürlich die beste Aussicht! Aber das war noch nicht alles! Denn Andy wäre nicht Andy, hätte er uns nicht auch noch Plätze auf der zweistündigen Schiffstour im Milford Sound besorgt. Der Tag hätte perfekter nicht sein können. Und als ob das nicht schon längst genug gewesen wäre, wollte Andy kein Geld von uns haben... Es blieb uns nichts anderes übrig, als uns mit einem grossen Apero für das Milford Sound Flights Team wenigstens ein kleines Bisschen zu revanchieren. Dann mussten wir uns leider auch von Andy verabschieden. Wir hatten eine tolle Zeit, haben viel erlebt und sind unendlich dankbar! 

Immer noch ganz aus dem Häuschen, fuhren wir am Nachmittag am wunderschönen See entlang von Queenstown via Glenorchy nach Kinloch und richteten uns da auf dem DOC Campingplatz ein. Am Abend kam ein kalter Wind auf und wir verkrochen uns früh in unser super gemütliches Autokino, um ein paar Folgen "Breaking Bad" zu gucken.

Am nächsten Morgen brachen wir noch vor Sonnenaufgang und ohne Frühstück zum nahegelegenen Ausgangspunkt für den Routeburn Track auf. Eigentlich hatten wir letzten Herbst auch für diesen Great Walk alle Hütten vorgebucht. Da jedoch die Wetteraussichten für die kommenden Tage sehr schlecht waren, wir die Hütten aber wegen der starken Nachfrage nicht mehr umbuchen konnten, entschlossen wir uns, die Wanderung von vier auf zwei Tage zu verkürzen und nur den ersten Teil der Strecke zu laufen. Vom Parkplatz aus ging es bei Dämmerung in gut zwei Stunden durch einen schönen Wald zur ersten Hütte, wohin wir dann später auch für die Nacht zurückkehrten. Nach einem ausgiebigen Frühstück und mit leichtem Gepäck machten wir uns auf zum Harris Saddle. Da wir den in Rekordzeit erreichten, stiegen wir auch noch auf den Conical Hill hoch und wurden von da oben mit einer traumhaften Sicht auf die umliegenden Berge und die Tasmanische See belohnt. Als wir gegen Abend in der Hütte ankamen, traf uns beinahe der Schlag... wir teilten uns die Unterkunft mit rund 20 Schulmädchen im extrem anstrengenden Alter von 14 Jahren. Die eine Nacht hielten wir das gerade noch so knapp durch.

Am nächsten Morgen regnete es und der Ranger sprach eine Sturmwarnung aus. Zum Glück hatten wir es nicht mehr weit von der Hütte zurück zum Parkplatz. Auf den zwei Stunden durch den Wald kamen uns trotzdem Massen von Wanderern entgegen. Definitiv ein Nachteil dieser Great Walks, die einfach extrem touristisch und überlaufen sind. 

Wir fuhren zurück nach Queenstown. Da organisierten wir als erstes einen Garagentermin. Furia brauchte nämlich einen Ölwechsel und wir wollten bei der Gelegenheit gleich versuchen, einen neuen WOF (Warrant of Fitness = Strassenzulassung) zu bekommen. Als nächstes suchten wir einen Zahnarzt mit Notfalldienst. Sevi hatte eine Füllung verloren und sein Zahn schmerzte. Wir hatten beim dritten Anlauf Glück und bekamen noch am selben Tag einen Termin. Noch einmal Glück hatten wir dann auf dem Campingplatz. Wir waren spät dran und ergatterten den letzten Platz. 

Bei regnerischem Wetter verbrachten wir das Wochenende im viel zu touristischen Queenstown. Dort assen wir den legendären Ferg-Burger (der wirklich lecker war), tranken gutes Bier im Smith's, verweilten einen Nachmittag im Fitness-/Aqualand und planten unsere Weiterreise.

Am Montag brachten wir Furia zum Service. Um die Wartezeit zu verkürzen, mieteten wir uns zwei Downhill Bikes. Bei gutem Wetter ging's mit der Gondel hoch auf den Bob's Peak und auf einem der vielen Trails wieder runter. Das machte Spass! Auf der dritten Runde fühlte ich mich beflügelt, übermütig und stark genug, um in einem Affenzahn über eine schmale Holzrampe zu brettern. Mitten auf der Rampe verliess mich dann der Mut so schnell, wie er gekommen war. Statt in voller Fahrt geradeaus weiterzufahren, versuchte ich, abzubremsen. Ein fataler Fehler. Ich flog samt Bike in hohem Bogen von der Rampe und holte mir beim Sturz ein paar heftige Prellungen. Es war zum Glück nichts gebrochen und ich konnte bald schon über mich und meinen Übermut lachen.

Am Nachmittag holten wir Furia ab. Der Bescheid der Garage war dann etwas ernüchternd. Um den WOF für weitere sechs Monate zu erhalten, müssten wir ca. NZD 1'000 investieren, was sich für uns schlicht nicht lohnt. Und zwei neue Reifen müssen her. Na ja, Reifen besorgen wir. Der aktuelle WOF ist noch so lange gültig, wie wir in Neuseeland sind. Ist dann halt ein Nachteil, wenn wir den Wagen verkaufen müssen.

Nach der Garage fuhren wir von Queenstown weiter nach Te Anau am gleichnamigen See. Von da aus startet der Kepler Track, den wir kurzfristig ins Auge gefasst hatten. Leider waren die Hütten alle schon für Wochen ausgebucht. Daher beschlossen wir, einfach eine Tageswanderung daraus zu machen und so weit wie möglich zu marschieren. 

Am nächsten Morgen liessen wir uns mit dem Boot in die Brod Bay übersetzen. Damit ersparten wir uns 2,5 Stunden Laufzeit um den See herum. Dieser 10-minütige Spass kostete uns NZD 50... Wucher! Die Wanderung begann mit einem 800 m-Aufstieg durch einen wunderschönen Wald. Über der Baumgrenze hatten wir dann einen fantastischen Ausblick auf den Te Anau See. Wir erreichten die Luxmore Hütte und stiegen weiter hoch bis zum Gipfel des Mount Luxmore. Auf dem Rückweg machte sich dann meine Hüfte bemerkbar. Leider waren wir für das Boot zu spät dran und mussten den ganzen Weg bis nach Te Anau zurücklaufen. Die letzten drei Stunden lief ich unter teils heftigen Schmerzen. Auf dem Campingplatz gab es eine Sauna. Die kam für uns wie gerufen!

Während wir auf der Wanderung waren, bekam Furia zwei neue Reifen. Wir steuerten dafür einfach die erste Garage in Te Anau an. Sevi war sich ziemlich sicher, dass es sich bei dem Garagisten um den selben Typen handelte, der vor 12 Jahren sein Fahrzeug aus dem Milford Sound abgeschleppt und repariert hatte. Wie klein die Welt doch sein kann!

Southern Alps