Ushuaia, Argentinien - 14. bis 20. Februar 2015

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Wieder Busfahren – Wieder 24 Stunden unterwegs. Dieses Mal haben wir die Reisestrapazen allerdings weniger gut verdaut. Um von El Chaltén nach Ushuaia zu gelangen, mussten wir zweimal den Bus wechseln und zweimal die chilenisch/argentinische Grenze passieren. Den ersten Bus mussten wir in El Calafate wechseln und dort von 22.00 bis 03.00 die Zeit totschlagen. Zu unserem Glück ist Antje ja schon ein Tag früher dorthin gereist und hat ein Hostel in der Nähe des Busbahnhofes bezogen. So konnten wir unser Gepäck bei ihr einlagern und gemeinsam noch einen Schlummi in der Stadt zu uns nehmen. Merke: White Russian wird hier „widde-ru-si-an“ ausgesprochen und schmeckt scheisse. Ein weiterer Bus hat uns dann nach Rio Gallegos gebracht. Dort wieder drei Stunden warten und dann weiter nach Ushuaia. Richtig mühsam waren dann die Grenzübertritte in unserem mittlerweile lethargischen Zustand. Die Busse werden separat abgefertigt und wir mussten teilweise über eine Stunde im Fahrzeug warten, bis wir an der Reihe waren. Es müssen alle aussteigen, sich den Ausreise-Stempel holen, wieder einsteigen und dann wird auf der anderen Seite des Zolls nach einer 30-minütigen Fahrt dasselbe „Rösslispiel“ für die Einreise wiederholt. Ah ja. Die Spürhunde, die beim Durchsuchen des Busses versehentlich an meinen Schuhen geschnüffelt haben, werden in ihrem Leben garantiert keine Drogen mehr finden. Aber das ist ein anderes Thema.

Spät am Abend sind wir in Ushuaia angekommen. Wir haben zum ersten Mal über AirBnB gebucht und uns bei einer einheimischen Lady einquartiert. Liz hat uns herzlich begrüsst. Sie war gerade am Abendessen, als wir nachts um halb zwölf bei ihr geklingelt haben. Ist hier halt so.

Am nächsten Tag haben wir Bekanntschaft mit den anderen Gästen gemacht. Thomas und Roksana aus Genf und eine Russin, die mich stark an „Little Britain“ erinnert hat. Eine super liebe, aber leider extrem unbeholfene Frau. Sie hat bei der Busfahrt ihr gesamtes Gepäck verloren, weil sie davon ausgegangen ist, dass es beim Buswechsel wie beim Flugzeug durchgecheckt wird. Das ist je nach Sichtweise dumm, lustig oder sehr-sehr ärgerlich. Wir haben die Stadt erkundet, in einem französischen (wichtig!) Restaurant was gegessen und am Abend hat Liz ihre Gäste spontan zum Barbecue eingeladen. Mit am Tisch war auch ihr Bruder Ignazio, der wie Danny de Vito ausschaut und auch wie dieser im Film „Twins“ agiert. Da mein Spanisch noch nicht so toll ist, habe ich des Öfteren dumm vor mich her gegrinst, si-si oder no-no gesagt oder einfach die Leere in meinem Kopf genossen. Allerdings ist das niemandem aufgefallen, weil die Russin noch weniger gepeilt und wohl noch dämlicher gegrinst hat als ich. War ein netter Abend. 

Am nächsten Tag war bereits früh am Morgen einiges los. Zum einen Stand da um sechs Uhr die Russin mit Tränen in den Augen vor der Tür. Sie hat ihren Fern-Bus verpasst und musste ihr letztes Geld für einen Flug aufwenden, um weiterem Unheil zu entkommen. Ich hoffe sie kommt gut nach Hause – oder wohin auch immer. Zum anderen hat sich Rapha dummerweise einen Käfer eingefangen. Hätten wir doch bloss nicht bei den Franzosen gegessen. Die haben im Herbst 14 schon meine Leber vergiftet (wie hat Al Bundy gesagt? „Es ist falsch, Franzose zu sein!“ Genau!). Die Arme hat es richtig ins Bett gehauen und ich habe sie mit Reissuppe und Tee wieder probiert auf den Damm zu bringen. Wegen dem „Tout de Suiter“ haben wir dann zuerst mal die Fähre gecancelt, die uns am nächsten Tag nach Punta Arenas bringen sollte, und bei Liz um drei Tage verlängert.

Der Tag Pause hat uns gut getan. Rapha hat sich schnell erholt und ich konnte meine Batterien wieder laden. So konnten wir am nächsten Tag bereits wieder wandern. Wir haben einen leichten 4-stündigen Walk zur Laguna Esmeralda gemacht. Wunderschön.

Am Mittwoch hat uns Danny de Vito mit seinem Jeep (auf den er mordsstolz war) zum Hausgletscher hochgefahren. Er probierte uns mittlerweile als Kuppler einzuspannen, um seine schmierigen Komplimente an Tanja (eine neue Bewohnerin im Casa Liz) zu übermitteln. Ich bringe das Bild nicht mehr aus dem Kopf, wie Danny De Vito im Film mit einer Rose im Mund seine Angebetete bekniet und hoffe für Tanja, dass er seine Rolle nicht voll durchzieht. Auf dem Gletscher war es saukalt und es hat sogar leicht geschneit. Aber die Aussicht auf die Stadt und den Beagle-Kanal war fantastisch.


Am letzten Tag haben wir noch eine 7-stündige Küstenwanderung im Nationalpark Tierra del Fuego gemacht. Wir hätten es hier gut noch länger ausgehalten. Aber am Samstag müssen wir in Punta Arenas am Flughafen sein. So geht das erste Kapitel unserer Reise bereits zu Ende. Patagonien hat uns landschaftlich umgehauen. Wir haben nette Bekanntschaften gemacht und die Gastfreundschaft genossen. Allerdings ist es hier unten wirklich sehr teuer und es ist gut, dass wir weiter ziehen müssen.


El Chaltén, Argentinien - 6. Februar bis 13. Februar 2015

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Die Busfahrt von El Calafate nach El Chaltén war verhältnismässig kurz. Nach nur 3,5 Stunden erreichten wir das kleine Dorf, in welchem im Winter nur ca. 100 Menschen leben. Der Cerro Fitz Roy strahlte in der Abendsonne in seiner vollen Pracht und sein Anblick erzeugte Gänsehaut. Der langgezogene Ort ist komplett auf Tourismus ausgerichtet. Man kriegt alles an Trekking-, Camping- und Kletterausrüstung. Dafür sind Internet, Bargeld und frische Lebensmittel hier Mangelware. Gut wussten wir vorher davon und hatten in El Calafate noch genug Kohle aus den Automaten gezogen. 

Bezahlbare Unterkünfte sind ebenfalls rar, weshalb wir in der einen Woche 3x umziehen mussten. 
Nach der ersten Nacht und dem ersten Umzug verschafften wir uns Mal einen Überblick im Dorf und spatzierten bei heftigem Gegenwind zum Wasserfall. Über Nacht fielen die Temperaturen deutlich und wir waren zum ersten Mal froh um die warme Ausrüstung, die wir schon die ganze Zeit mit uns rumschleppten. Auf den Abend erwarteten wir Antje, die aus Bariloche zu uns stossen wollte. Nachdem wir uns im Hostel dann zwei Mal nur knapp verpasst hatten, trafen wir uns endlich. Juhee, das Wiedersehen musste gleich mit einer grossen Flasche Bier gefeiert werden. Beim gemeinsamen Abendessen planten wir die Wandertouren, die man wunderbar direkt aus dem Dorf in Angriff nehmen kann.

Die kommenden Tage verbrachten wir dann also hauptsächlich mit Wandern. Der Nationalpark mit seinen Bergen, Gletschern und Lagunen ist wunderschön und wir hatten echt Glück mit dem Wetter. Zwar etwas frisch mit viel Wind, dafür hatten wir die meiste Zeit freie Sicht auf den Fitz Roy. Hei de Fitz, ist der schön! Wir konnten uns kaum satt sehen. Wenn wir nicht gerade gewandert sind, haben wir lecker gegessen und literweise argentinischen Rotwein getrunken, gäll Antje :-)

An unserem einzigen "wanderfreien" Tag wollten wir dann mal länger schlafen, ausspannen, Fotos & Filme bearbeiten, vielleicht mal einen neuen Blogeintrag schreiben... nix da! Zum Frühstück servierte uns die Postfinance die Hiobsbotschaft: mit unseren EC-Karten wurden Barbezüge in den USA getätigt! Den restlichen "freien" Tag nutzten wir dann also dafür, bei katastrophal langsamem WLAN sämtliche Bankkonten zu überprüfen, Karten sperren zu lassen und bei der Polizei Anzeige zu erstatten. Naja, Glück im Unglück - es wurden nur die Magnetstreifen unserer Postcards kopiert und wir kriegen die rund 3'000 USD wieder zurück.

Antje reiste einen Tag früher als wir nach El Calafate weiter. Da wir auf unserer Weiterreise nach Ushuaia den Nachtbus in El Calafate nehmen wollten, verabredeten wir uns am nächsten Tag nochmal für einen Abschiedstee in El Calafate. Wein ging keiner mehr rein ;-) Schön war's mit dir, Antje! Weiterhin gute Reise und vielleicht bis später mal in Bolivien, Peru...


El Calafate, Argentinien - 3. Februar bis 6. Februar 2015

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El Calafate war unsere erste Station in Patagonien. Wir sind nachmittags um zwei angekommen und haben als erstes unser Hostel angesteuert. Hier ist Hochsaison und wir haben für die nächsten Tage alles im Voraus gebucht. Auf booking.com ist die Auslastungsrate überall über 90 %. Im Hostel angekommen, hat uns der Typ am Empfang eröffnet, dass er unsere Reservation verschlampt hätte. Schöner Empfang; nach 30 Stunden im Bus… Er hat uns dann aber ein anderes Zimmer zum selben Preis im Posada Larsen organisiert. So sind wir zu einem unerwarteten Upgrade mit Blick auf den Lago Argentino gekommen.

Carolina aus Buenos Aires hat uns freundlich empfangen und uns über die möglichen Ausflüge informiert. El Calafate liegt mitten im Nirgendwo und für die Sehenswürdigkeiten muss eine Tour gebucht werden. Wir haben dann beschlossen, uns das volle Touri-Programm zu geben: Perito Moreno Glacier und Schifffahrt auf dem Lago Argentino. Über die Wucherpreise hier wurden wir bereits vorgewarnt. Wir hatten dennoch mächtig daran zu beissen. Für den Perito Moreno Gletscher mussten wir umgerechnet pro Person rund 40 CHF für den Bus, 20 CHF für den Eintritt in den Nationalpark und weitere 20 CHF für das Boot hinblättern. Hier unten könnte es teuer werden…

Wir haben unser wunderschönes Zimmer bezogen und gleich anschliessend die Lagune Nimez im Ort besucht. Dort konnten wir Flamingos, neugierige Falken und langweilige Enten beobachten.

Am nächsten Tag ging es dann mit einer kleinen Gruppe im Reggae-Bus über eine holprige Strasse zum Perito Moreno Gletscher. Auf halbem Weg machten wir Pause auf einer Estancia. Dort gab‘s stinkende Schafsböcke (leider nicht zum Essen) und ein junges Alpaca (das Tier, das so ausschaut wie Marco Reus). Der Gletscher hat uns dann wirklich umgehauen. Er ist einer der wenigen auf der Welt, der nicht schrumpft und sehr gut zugänglich ist. Das hat natürlich seinen Preis. In der Hochsaison wird der Nationalpark von 4‘000 bis 5‘000 Besuchern täglich überrannt! Muss man aber gesehen haben, wenn man schon mal hier ist. Den Abend haben wir dann in einer Cervecería bei selbstgebrautem Bier und frischen Empanadas ausklingen lassen.

Noch schöner war die Bootsfahrt auf dem Lago Argentino, dem grössten See im Land (ca. dreimal so gross wie der Bodensee), zum Upsala Gletscher und zur Estancia Cristina. Auf dem See sind wir an haushohen Eisbergen vorbei gefahren und konnten den Gletscher aus nächster Nähe bestaunen. Am Nachmittag haben wir dann den Gletscher in einer waghalsigen Offroad-Fahrt von der Rückseite her angesteuert. Von oben lässt sich die enorme Grösse (gut 700 km2 d.h. halb so gross wie der ganze Kanton Aargau!) erst erkennen. Landschaftlich eine Wucht und die Fahrt schon sehr abenteuerlich. Nach diesen zwei durchorganisierten Tagen freuen wir uns auf El Chaltén, wo wir die Natur auf eigene Faust erkunden können.


Busfahrt von Chiloé nach El Calafate - 1. Februar bis 3. Februar 2015

Den Plan, über die Carretera Austral auf der Routa 7 nach Patagonien zu fahren, mussten wir leider begraben. Die Busverbindungen sind schlecht. Einige Strecken werden nur einmal pro Woche bedient und die Fahrpläne sind nicht aufeinander abgestimmt. Da wir nur von wenigen Busgesellschaften / Hotels eine Buchungsbestätigung erhalten hatten, war uns das Risiko zu gross, irgendwo im Niemandsland zu stranden und wertvolle Zeit zu verplempern, die wir dann doch lieber in Patagonien verbringen wollten und nicht auf Busbahnhöfen.
So entschlossen wir uns, den „klassischen Weg“ zu wählen und buchten den Bus von Castro über Bariloche nach El Calafate. Dabei hatten wir grosses Glück. Wir haben am Schalter tatsächlich die letzten zwei Tickets ergattert und zwar genau an dem Tag, an dem wir weiter wollten (auch diese Verbindung gibt’s nur einmal wöchentlich).


Wir sind dann am Sonntag um 06.30 von Castro los gefahren und abends um 19.00 Uhr in Bariloche (Argentinien) angekommen. Dort wollte ich im Hostel eigentlich den Super Bowl schauen. Aber hier ist die Welt noch in Ordnung und die Gauchos haben sich einen lokalen Fussball-Match (den richtigen Football halt) reingezogen. So ging für mich eine 10-jährige Tradition zu Ende. Seit meinem Neuseelandabenteuer mit Pavian habe ich mir jedes Endspiel bis zum Schluss reingezogen (ich schwör‘s). Nach einer komatösen Nacht ging‘s dann von Bariloche mit dem Bus in 30(!) Stunden nach El Calafate. Allerdings muss man festhalten, dass die Busse hier in Argentinien und Chile sehr komfortabel sind. Wir haben uns diesen Trip übler vorgestellt und haben die Reise dann als äusserst kurzweilig empfunden. Landschaftlich hat uns vor allem das Seengebiet um Bariloche gefallen. Aber auch die unglaubliche Weite dieses Landes zu begreifen, war eine tolle Erfahrung. Nun sind wir gespannt auf die Natur in Patagonien.


Chiloé, Chile - 25. Januar bis 1. Februar 2015

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Von Puerto Varas ging‘s mit dem Bus nach Ancud auf der Insel Chiloé. Mit an Bord war auch Caroline aus Brasilien die wir im Hostel kennen gelernt hatten. Sie kommt aus Coritiba in Brasilien, wo wir voraussichtlich im Oktober vorbei kommen werden. Wir haben die Adressen getauscht und uns vorgenommen, sie dort zu besuchen.

Die Fahrt nach Ancud dauerte bloss drei Stunden. Eine davon auf der Fähre. Auf der Überfahrt wurden wir von neugierigen Seehunden und Delfinen begleitet.

In Ancud haben wir dann ein schmuckes Bungalow im Hostel Nuevo Mundo bezogen und sind am gleichen Tag noch nach Pinguinos gefahren. Zu unserer „grossen Überraschung“ gab es dort ein paar Pinguinkolonien zu  bestaunen. Mit dem Boot sind wir zu den Felsen gefahren, wo die trottligen Vögel auf uns gewartet haben. Das war grossartig.

Am nächsten Tag haben wir eine Wanderung zu einem Leuchtturm an der Nordküste der Insel gemacht. Den Turm haben wir nie gefunden. Dafür haben wir ein nettes Spanisch/Belgisches Pärchen kennen gelernt. Sie reisen von Süden Richtung Kolumbien und wir haben uns vorgenommen, uns unterwegs zu treffen, wenn wir von Kolumbien Richtung Süden reisen. Langsam wird’s kompliziert!

Nach drei Nächten sind wir dann nach Castro (immer noch auf der Insel Chiloé) weiter gezogen. Castro und die Umgebung sind vor allem bekannt für die fantastischen Holzkirchen und die Palafitos (bei uns heissen die Pfahlbauten). Die Palafisten-Häuser haben wir uns am ersten Tag auf einem Spaziergang durch die Stadt angeschaut. Tags darauf wollten wir auf die Insel Mechuque (gesprochen „Meschugge“). Eine besonders schöne Insel, die ihren ursprünglichen Charme noch bewahrt haben soll. Leider verlangten die Halsabschneider in Castro 50 CHF für den Trip. Deshalb haben wir wieder den lokalen Reisebus in den, der Insel vorgelagerten Ort Tenaún genommen. Die holprige Busfahrt dauerte drei Stunden und wir waren die einzigen Touristen an Bord. Allerdings hat uns der Bus dann auch in einem Geister-Kaff ausgespuckt. Es gab dort ein paar Häuser, eine Holzkirche (natürlich!) und einen Bootssteg. Und keiner der Palafisten konnte uns sagen, wann und ob eine Fähre nach Meschugge übersetzt. Wir haben dann einfach mal gewartet. Die Wartezeit wurde uns versüsst durch 6 Delfin-Pärchen, die vor dem Steg am Strand entlang gewandert sind. Nach drei Stunden ist dann tatsächlich eine Fähre eingetroffen. Die Meschuggianer haben dann für uns das traditionelle Curanto en hoyo gemacht. Das ist ein lokales Gericht, bei dem Muscheln, Wurst, Hühnchen, Schwein und Kartoffeln im Erdloch gegart werden. Tönt dämlich, ist aber sehr lecker.


An den verbleibenden Tagen haben wir dann von Castro aus noch den Nationalpark in Cucao bewandert und auf der Insel Achao ein Volksfest besucht. Von den gesamthaft 7 Tagen auf Chiloé waren wir an 6 Tagen mindestens 5 Stunden im Bus. Der Arsch ist eingesessen für die lange Fahrt ins gelobte Patagonien.


Puerto Varas, Chile - 20. Januar bis 25. Januar 2015


Wir verbrachten eine durchzogene Nacht im doppelstöckigen Bus. In den Semi-Camas schläft es sich zwar besser, als wir befürchtet hatten. Die Sitze lassen sich ziemlich weit runterklappen und die Beinfreiheit ist besser als in jedem Flieger. Soweit so gut :-) Wenn ich nicht mitten in der Nacht aufs Klo hätte müssen... so stürchelte ich also schlaftrunken und verpeilt durch den dunklen und ruckelnden Bus in den unteren Stock und brachte da die Klotür nicht auf. Ist da wer drin? Keine Reaktion auf mein Klopfen. Also wartete ich ein paar Minuten und versuchte dann mein Glück im 2. Stock. Auch zu!! Das gibt's doch nicht. Schliessen die in der Nacht die Toiletten ab?? Gibt es doch nicht! Alles schläft, kein Steward in Sicht. Die Tür zur Fahrerkabine verdunkelt und verriegelt. Ich geh' also zurück zu meinem Sitz und schmolle. Langsam wird's brenzlig. Als ich es kaum noch aushalte, wecke ich Sevi und schicke ihn los, meine Lage zu entschärfen. Er kriegt die Chauffeur-Türe auf. Der Fahrer erschrickt dabei so sehr, dass er voll in die Bremsen steigt... der halbe Bus wach... wie peinlich. Zu guter Letzt stellte sich dann auch noch heraus, dass die Toiletten die ganze Zeit offen waren! Sie klemmten leider so sehr, dass sie sich nur mit viel Kraft aufreissen liessen. Viel Lärm um Nichts :-) Die restliche Nacht verlief dann ruhiger. Nach knapp 14 Stunden Fahrt trafen wir kurz vor Mittag in Puerto Varas ein und waren froh, wieder mal ein paar Schritte laufen zu können.

Das Städtchen mit seinen rund 35'000 Einwohnern stand bei unserer Ankunft in dichtem Nebel - wir konnten nicht einmal den See Llanquihue vor uns erkennen, geschweige denn, die imposanten Vulkane wie Osorno und Calbuco  rund um den See. Zu Fuss machten wir uns auf den Weg vom Busbahnhof zu unserem Hostel. Der deutsche Einfluss des 19. Jahrhunderts lässt sich in diesem Ort schon auf den ersten Blick erkennen. Die Holzhäuser erinnern stark an den Schwarzwald. Und an jeder Ecke hat es eine Bäckerei, wo "Kuchen" auf den Schildern angepriesen wird, es gibt deutsche Bierbrauereien, ein deutsches Vereinshaus und edle Boutiquen. Von Benetton bis North Face ist in Puerto Varas alles vertreten.

Wir machten es uns im Hostel Vermont gemütlich und freundeten uns gleich mit Christýna und Sarka an, den beiden Mädels aus Tschechien, die sich hier mit viel Freude um alles kümmern. Wir kochten gemeinsam, tranken literweise chilenischen Rotwein und tauschten uns mit den verschiedensten Nationen aus: Kathy, die Fliegenfischerin aus den USA, Chris aus Marseille, Pedro und seine Freundin aus Rio, Brasilien, die beide noch nie zuvor Schnee gesehen hatten und freudig von ihrem ersten Schnee-Erlebnis auf dem Osorno-Vulkan berichteten.

Der Nebel verzog sich rasch. Unser erster Ausflug führte uns unter stahlblauem Himmel an den Lago Todos los Santos. Die gut einstündige Hinfahrt verbrachten wir stehend im komplett überfüllten Lokalbus. Dafür gönnten wir uns anschliessend eine kurze Bootstour über den See und genossen den freien Blick auf den Vulkan Osorno und die umliegenden Berge/Vulkane. Zusammen mit Kathy und Chris machten wir uns auf in den angrenzenden Nationalpark. Auf dem Wanderweg "Sendero Paso Desolación" am Fusse des Osornos waren wir der Sonne und den penetranten Mutantenfliegen schonungslos ausgeliefert. Als wir dann auch noch von stechenden Bremen angegriffen wurden, entschlossen wir nach knapp 5 km, wieder umzukehren. Aber die Landschaft und der Blick auf die Vulkane und den See Todos los Santos waren traumhaft schön. Zurück in Puerto Varas gab es dann zur Belohnung frischen Fisch im "Donde el Gordito".

Am nächsten Tag probierten wir den empfohlenen Wanderweg "Sendero El Solitario" auf der anderen Seite des Osornos aus. Die ersten 3 km durch den Wald (bosque mediano) waren markiert und super schön! Dann kamen wir aufs offene Lavafeld, wo sich die Spuren verliefen und die Markierungen komplett fehlten. Wir folgten 2 Stunden einem zurzeit trockenen Flussbett und kamen dem Osorno immer näher. Je höher wir stiegen, desto imposanter wurde der Rundumblick. Die riesigen Lavafelder erstreckten sich kilometerweit vor uns. Ausser uns war kein Mensch weit und breit. Um uns nicht zu verlaufen, legten wir Markierungen und nahmen dann denselben Weg durch das ausgewaschene Flussbett zurück an die Hauptstrasse. Auf dem Heimweg machten wir kurz Halt am Fluss Petrohué und bestaunten da zusammen mit geschätzten 1'000 anderen die Wasserfälle Saltos de Petrohué. Lange haben wir uns da aber nicht aufgehalten...

Den Tag vor unserer Weiterreise auf die Isla Chiloé verbrachten wir hauptsächlich damit, unsere Reise nach Patagonien zu planen, was wegen der Hochsaison gar nicht so einfach war. Am letzten Abend assen wir Dank dem Tipp von Maas im Restaurant La Marca super leckere Steaks. 

Nach erlebnisreichen Tagen im chilenischen Seengebiet freuten wir uns auf Chiloé und machten uns auf den Weg nach Ancud.