Rio de Janeiro, Brasilien - 10. bis 16. Dezember 2015

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"Ist es tatsächlich möglich, dass die 11 Monate in Südamerika schon bald um sind?" Wir wollten es kaum glauben. Mit gemischten Gefühlen machten wir uns auf den Weg nach Rio de Janeiro, wo wir uns mit Andy treffen wollten. Einerseits freuten wir uns auf ihn, auf die gemeinsame Woche in Rio und auf Weihnachten zuhause, andererseits war das alles irgendwie unbegreiflich und surreal.

Mal abgesehen von dem Gedanken-Karussell verlief die Fahrt nach Rio problemlos. Nach knapp 4 Stunden erreichten wir den Stadtteil Copacabana und fanden auf Anhieb die Adresse, wo wir für die kommende Woche ein Appartement gemietet hatten. Nur leider wussten wir die Wohnungsnummer nicht und der Portier nahm es da sehr genau. Mit den paar Brocken portugiesisch kamen wir leider nicht weit und der gute Herr war so gar nicht kooperativ.Nachdem er uns 10 Minuten auflaufen liess gelang es uns irgendwie, ihm mit Händen und Füssen klar zu machen, wer wir sind und was wir wollten. Die Wohnung liegt im 10. Stock, ist  hell und gross, an super Lage und ideal für 3 Personen.

Nach einer kleinen Verschnaufpause erkundeten wir die nähere Umgebung und assen an der Copacabana eine Kleinigkeit. Am Abend machten wir uns dann auf den Weg zum Flughafen, um Andy abzuholen. Der landete zwar pünktlich in Rio, musste aber eine Ewigkeit auf sein Gepäck warten. So sind wir erst nach Mitternacht vom Flughafen weggekommen. Es reichte gerade noch für ein Willkommens-Bierchen, bevor wir alle drei müde ins Bett fielen.

Am nächsten Tag ging's dann gleich in die Vollen: Es war schön und heiss, und so spazierten wir der Copacabana entlang, wo uns dann zufällig Belinda über den Weg lief. Nach einem Begrüssungs-Caipirinha entschlossen wir, das schöne Wetter auszunutzen und gleich zu viert den Zuckerhut zu besuchen. Die Aussicht von da oben ist einfach traumhaft! Man bekommt einen wunderbaren Gesamteindruck von der Stadt. Später fuhren wir dann an den Strand von Ipanema und verpassten vor lauter Caipirinha den Sonnenuntergang!

Tags darauf schauten wir uns die Innenstadt an. Die Hitze - es war an die 35° C - und die allgemeine Katerstimmung setzten uns ganz schön zu. Und so beschlossen wir, frühzeitig in die etwas kühlere Wohnung zurückzukehren. Am Abend setzte ein heftiges Gewitter ein, was uns aber nicht davon abhielt, fürs Abendessen in strömendem Regen in die nahe gelegene Churrascaria zu laufen. Zurück im Appartement, fielen wir satt und müde in einen komatösen Schlaf.

Am dritten Tag (es war Sonntag) wurde eine Demonstration erwartet und so beschlossen wir, uns nicht an der Copacabana aufzuhalten sondern mit der Fähre nach Niterói rüberzufahren. Es war noch heisser als am Vortag und der kleine Spaziergang entpuppte sich als eine echte Herausforderung. Zurück in der Innenstadt besuchten wir nur noch rasch die wichtigsten Sehenswürdigkeiten wie die Kathedrale und das Aquädukt - mehr lag wegen der Hitze nicht mehr drin.

Sevi und Andy gingen am Montag ohne mich in die Favela von Santa Marta. Ich hatte mich erkältet (wahrscheinlich wegen den Klimaanlagen überall) und musste passen. Am Abend fühlte ich mich etwas besser. Andy schickte uns zwei alleine ins Restaurant und so gingen Sevi und ich nochmal in der Churrascaria essen und setzten uns später mit einem Caipi an den Strand.

Am Dienstag war ich dann auch wieder voller Tatendrang und zu Dritt fuhren wir per Taxi und Minibus auf den Corcovado zur Christus-Statue "Cristo Redentor". Es war wahnsinnig heiss und es hatte wahnsinnig viele Leute auf der Plattform - im Gegenzug war aber die Aussicht wahnsinnig beeindruckend :-) Anschliessend "schleppten" wir uns noch zur Escadaria Selarón, dieser bekannten Fliesentreppe im Stadtteil Santa Teresa. Den Abend verbrachten wir wieder bei Caipirinha am Strand von Ipanema. Und diesmal verpassten wir den fantastischen Sonnenuntergang nicht! 

Die Woche ging extrem schnell vorüber und schon mussten wir zusammenpacken. Auf diesen Tag konnte ich mich irgendwie nicht vorbereiten. Der Gedanke ans Heimfliegen raubte mir für einen kurzen Moment beinahe den Atem. "Wie bitteschön kann es denn sein, dass das Jahr schon um ist???" Und schon im nächsten Moment freute ich mich riesig, Familie und Freunde endlich wieder zu sehen. Ein Wechselbad der Gefühle. Andy, Sevi und ich fuhren in einer unglaublich langen Taxifahrt (wir benötigten wegen dem vielen Verkehr satte 2,5 Stunden) zum internationalen Flughafen. Da Andy über Portugal und wir über Spanien flogen, verabschiedeten wir uns. Für Andy lief ab da alles rund. Sevi und ich mussten noch ein paar Stunden ausstehen, da unser Iberia-Flug nicht durchgeführt werden konnte. Nach vielen Stunden ungewissem Rumstehen und warten wurden wir dann zum Schluss auf British Airways umgebucht und konnten kurz nach Mitternacht endlich in den Flieger steigen. Und so verliessen wir am 17. Dezember nach 11 Monaten diesen wunderbaren Kontinent. Mir war gleichzeitig zum Heulen und zum Lachen zumute.

Copacabana
(Foto: Andreas Fässler)

Paraty und Ilha Grande, Brasilien - 30. November bis 9. Dezember 2015

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Die vorerst letzte lange Busreise auf diesem Kontinent führte uns zuerst für einen kurzen Zwischenstopp nach Sao Paulo. Die rund 20-stündige Fahrt verbrachten wir ganz unverhofft recht komfortabel - wir hatten nämlich ohne es zu wissen "Cama" gebucht - sehr breite und bequeme Sitze, die sich beinahe flach herunterklappen lassen. So schliefen wir ein paar Stunden und trafen am nächsten Tag gegen Mittag am Busbahnhof von Sao Paulo ein. 

Der nächste Bus nach Paraty fuhr erst um 16 Uhr. Wir mussten also ein paar Stunden totschlagen und unsere Gastgeberin informieren, dass wir erst spät abends eintreffen würden. Wir kamen bei strömendem Regen gegen 22 Uhr an. Zum Glück holten uns Rejane und Lily am Busterminal ab. Wir waren nicht sicher, ob das uralte, rostige und lottrige Fahrzeug, in das wir einstiegen, es überhaupt noch 10 Meter schafft... zumal die unbefestigten Strassen in einem miserablen Zustand waren. Durch die starken Regenfälle der vergangenen Tage stand alles knöcheltief unter Wasser. Doch wir kamen heil in der Unterkunft an. Die schöne Anlage mit zwei Bungalows und einer Aussenküche steht etwas ausserhalb von Paraty und ist von tropischen Pflanzen und einem Teich umgeben. Ein Paradies - leider auch für Moskitos! Besonders bei diesem Wetter! Was für ein Glück, dass wir unser Moskitonetz dabei hatten. Wiedermal waren wir froh, es die ganze Zeit mitgeschleppt zu haben.

Da unsere Gastgeberin Rejane am nächsten Tag überstürzt abreiste, um irgendwo eine private Angelegenheit zu klären, kümmerte sich derweil Lily um uns. Sie holte uns am nächsten Tag ab und wir fuhren gemeinsam in der Schrottlaube ins Örtchen. Da es bald wieder zu regnen begann, brachen wir den Rundgang jedoch frühzeitig ab und gingen nur noch rasch einkaufen. Die kommenden Tage schüttete es ununterbrochen wie aus Kübeln. So verbrachten wir die meiste Zeit auf der trockenen Veranda und genossen die Ruhe - wir waren nämlich die einzigen Gäste und Rejane war ja auch nicht da. Dafür aber ihre Haustiere: 3 Hunde und geschätzte 12 Katzen kamen immer mal wieder bei uns zu Besuch oder verbrachten die Tage bei uns.

Bald schon hatten wir dann aber genug vom Rumhängen und Nichtstun und waren froh, abzureisen. Zum Glück holte Lily uns wieder ab und fuhr mit uns zum Busbahnhof. Die Strassen im Quartier standen inzwischen nämlich komplett unter Wasser und überall bildeten sich schlammige Seen. Wir wollten als nächstes auf die Ilha Grande - mit ihren über 80 Stränden eine der bekanntesten Inseln Brasiliens. Mit dem Bus ging es zuerst in 2 Stunden nach Angra dos Reis und von da in einer 40-minütigen Bootsfahrt rüber auf die Insel. Der Himmel war zwar nach wie vor bedeckt, aber es regnete nicht! Wir hatten wieder AirBnB gebucht. Diesmal bei Paulo in Vila do Abraão, dem Hauptort der Insel. Wir wurden herzlich begrüsst und gleich mit den wichtigstens Infos und Tipps versorgt. Den Nachmittag und Abend verbrachten wir dann am Strand bei (zu) vielen Caipirinhas und einem leckeren Abendessen (es gab brasilianischen Fischeintopf "moqueca de peixe"). 

Tags darauf schien endlich wieder mal die Sonne! Nachdem uns Paulo ein super Frühstück zubereitet hatte, fuhren wir mit einem Boot in den Südosten der Insel und gingen von da aus zu Fuss an den knapp 2,5 km langen Sandstrand von Lopes Mendes. Wunderschön! Am Abend trafen wir uns wieder mit Belinda, die wir bei den Wasserfällen kennengelernt hatten. Wir gingen schön was Essen und Caipi trinken. Eigentlich waren Belinda und ich danach so richtig in Partylaune. Aber Paulo wollte uns unbedingt zuhause noch seine Version von Caipirinha zubereiten. Der Abend endete damit, dass wir uns auf der Couch (langweilige) Youtube-Videos reinzogen und danach keiner mehr so richtig Bock auf Ausgang hatte. Gingen wir halt ins Bett. Spät genug war es.

Auch am nächsten Tag war das Wetter ganz ok und wir machten eine wunderbare, halbtägige Bootstour. Zurück bei Paulo, lud der uns zum Grillieren ein. Der Abend endete leider damit, dass Paulo zu einem elektrischen Notfall gerufen wurde, wir mit seinen Gästen alleine blieben und die Würste auf dem Grill dem schweren Gewitter, welches einsetzte, zum Opfer fielen.

Die nächsten Tage regnete es wieder und so unternahmen wir nicht mehr wirklich viel. Ich hatte nochmal einen netten Abend mit Belinda, bevor sie nach Rio weiterfuhr. Am letzten Tag unternahmen Sevi und ich einen kleinen Spaziergang am Strand entlang zu den Ruínas do Lazaretto und zum Aquädukt. Dann hiess es Abschied nehmen von der Insel. Wir mussten ja schliesslich pünktlich in Rio sein, um Andy vom Flughafen abzuholen.

Praia Lopes Mendes, Ilha Grande

Foz do Iguaçu, Brasilien - 27. bis 29. November 2015

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Foz do Iguaçu hat uns mit Regenwetter empfangen und wirkte nicht gerade einladend. Nach einer verhältnismässig kurzen, 14-stündigen Busfahrt aber fast ohne Schlaf sind wir total gerädert im Hostel angekommen. Unser Zimmer stand zwar noch nicht bereit, aber wir durften ohne Aufpreis die Zeit am Frühstücksbuffet totschlagen. Toller Service! Um elf Uhr konnten wir endlich einchecken und sind kurz darauf in einen komatösen Schlaf gefallen. Da konnte auch die gratis Caipirinha-Runde nichts ändern. Im Halbschlaf habe ich uns an der Tanke noch etwas zu essen besorgt, um anschliessend gleich wieder weiter zu schlafen.

Am nächsten Tag regnete es immer noch. Wir beschlossen, trotzdem zu den berühmten Wasserfällen zu fahren; ihres Zeichens UNESCO-Weltnaturerbe, Highlight jeder Südamerika-Reise und natürlich auch der Grund unseres Besuches. Die Wasserfälle liegen etwa zu dreiviertel auf argentinischem Staatsgebiet. Diesen Teil wollten wir uns zuerst anschauen. Im Bus haben wir Belinda aus Züri kennengelernt. Da sie eine Bootstour zum Wasserfall gebucht hatte und wir nicht, zogen wir getrennt los, um den Nationalpark zu erkunden. Wieder einmal hatten wir unglaubliches Glück, denn just in dem Moment, als wir beim Park angekommen sind, hörte es auf zu regnen. Wir gingen als erstes zum Teufelsschlund (Garganta del Diablo). Über eine gewagte Stegkonstruktion wurden die Touristenmassen quer über den Fluss direkt zur Kante des gigantischen Wasserfalles geleitet. Aufgrund der hohen Niederschlagsmenge in den letzten Tagen stürzte überdurchschnittlich viel Wasser die 82 Meter herab. Das war wahnsinnig beeindruckend und wir wurden durch die aufstäubende Gischt ziemlich nass. Anschliessend sind wir die zwei Wanderwege abgelaufen, bei denen sich immer wieder tolle Ausblicke auf die Fälle offenbarten. Abends um fünf sind wir beim Parkplatz wieder auf Belinda gestossen. Die ärmste musste sich komplett neu einkleiden, weil sie nach der Bootsfahrt nass bis auf die Haut war.

Zurück im Hostel liessen wir dieses Mal die Caipi-Runde nicht aus. Lucas aus Sao Paulo, der 13 Sprachen fliessend spricht, gesellte sich zu uns. Gemeinsam gingen wir in einer Churrascaria essen. Hierbei handelt es sich um ein typisch brasilianisches Lokal, bei dem man sich am Buffet mit Beilagen bedient und die Angestellten im Minutentakt mit Fleischspiessen vorbei kommen. Wenn man nicht „nein“ sagen kann, ist man nach 10 Minuten gemästet wie ein Schwein (und von dem gibt’s auch reichlich auf den Teller).

Am zweiten Tag stand noch die brasilianische Seite auf dem Programm und wir machten uns gemeinsam mit Belinda auf den Weg. Zuerst schauten wir uns den gigantischen Vogelpark an. Die meisten Tiere machten eher einen depressiven Eindruck oder sind sonst wie verhaltensgestört. Kein Wunder, da für sie kaum Rückzugsraum besteht und jeden Tag tausende von Besuchern vorbei strömen.

Nach dem Vogelpark entschloss ich mich spontan, einen Helikopterflug zu buchen. Die Wasserfälle sehen aus der Luft fast noch spektakulärer aus. Erst von oben sieht man, wie tief eingebettet im Dschungel diese liegen. Der 90 USD teure Spass war aber nach acht Minuten bereits wieder vorbei. Zu Dritt zogen wir los, die Wasserfälle noch einmal von unten zu bestaunen. Auch von dieser Seite ein riesen Spektakel.

Es blieb noch Zeit für ein gemütliches Essen direkt am Fluss. Danach brachte uns der Shuttlebus zum Hostel zurück. Belinda war so lieb und liess uns in ihrem Zimmer Duschen. Das war vor der anstehenden 27-stündigen Reise Gold wert. Vielen herzlichen Dank Belinda und auf ein baldiges Wiedersehen.

Die besten Reisegadgets

Kurz vor Ende unserer ersten grossen „Reise-Etappe“ haben wir auf unserem Blog die magische Grenze von 10‘000 Klicks erreicht. Wahnsinn! Vielen Dank euch treuen Lesern. Es freut uns ausserordentlich, dass wir die tollen Erlebnisse mit euch teilen dürfen und die Resonanz darauf so gross ist.

Da wir jetzt richtig wichtig sind, möchten wir die neue und hart erarbeitete Stellung nutzen, um unsere Erfahrungen mit euch zu teilen. Neben unseren Reiseberichten sollen hier hin und wieder auch Artikel mit Reisetipps erscheinen, welche das Leben als Nomaden vereinfachen. Der Anfang macht eine Liste mit den für uns nützlichsten Reise-Gadgets, die nicht in jedem Rucksack zu finden sind. Here we go:


Pacsafe

Der Tresor für unterwegs. Es handelt sich um eine Tasche, die mit einem stabilen Drahtnetz aus Stahlkabeln verstärkt ist. Oben ist eine Draht-Kordel zum verschliessen der Tasche angebracht: Diese kann man um einen Gegenstand (Bettgestell, Fenstergitter, Baum...) wickeln und mit einem Zahlenschloss sichern. Vor allem auf den langen Busfahrten fühlten wir uns damit sicher. Wir verstauten alle Wertsachen im Pacsafe und befestigten ihn am Bus. So konnten wir entspannt schlafen.
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Florianópolis, Brasilien - 16. bis 26. November 2015


Weniger ist ja bekanntlich mehr. Und so beschlossen wir, unser uruguayanisches Reisetempo nicht nach Brasilien zu exportieren. Für die verbleibenden 4 Wochen auf dem südamerikanischen Kontinent legten wir uns ein paar wenige Highlights im Süden von Brasilien zurecht. Wir wollten an einige der traumhaften Strände, zu den Iguaçu-Wasserfällen und nach Rio. So begannen wir in Floreanópolis - von den Einheimischen auch Floripa genannt. Der Hauptteil der Stadt mit dem Stadtzentrum liegt auf der Ilha de Santa Catarina und ist durch eine Brücke mit dem Festland verbunden. Auf der Insel gibt es über 40 wunderschöne Sandstrände.

Nach einer eher ungemütlichen, 19-stündigen Busfahrt hat uns die Insel dann mit Regen begrüsst. Am Busbahnhof scheiterten wir erstmal bei den Bankomaten. Zum Glück hatten wir vor der Abreise vom weltbesten Verein "Mini-Z Racing Team Switzerland" als Abschiedsgeschenk eine grosszügige Summe Reales bekommen. So hatten wir wenigstens Bargeld für den Bus, um an den Flughafen zu kommen und unser Mietwagen in Empfang zu nehmen. Das war auch nicht ganz einfach: die bei der AVIA konnten alle kaum ein Wort Englisch und wir hatten unsere liebe Mühe mit dem Kauderwelsch, auch Portugiesisch genannt. Für mich klingt das eher wie eine Mischung aus Türkisch und Albanisch... einfach ein wenig liebenswerter und tolpatschiger. Irgendwie haben wir die Fahrzeugübergabe hingekriegt - mit Händen und Füssen, wie sich das gehört. 120 USD Miete für eine Woche. Ein Schnäppchen.

Das Bargeld-Problem war aber noch nicht gelöst und der Automat im Flughafengebäude wollte uns auch nichts rausgeben. Wir hatten noch ein paar USD übrig und wechselten die kurzerhand. Kaum waren wir aus dem Flughafen raus, standen dann da alle internationalen Bankautomaten...

Mit einiger Verspätung sind wir dann in Armaçao bei Fernanda angekommen, die gemeinsam mit ihrer Mutter Marcia ein Zimmer über AirBnB vermietet. Fernanda ist 27 Jahre alt, Architektin, unterrichtet an zwei Unis auf der Insel und spricht fliessend Englisch. Wir bezogen das wunderschöne Zimmer und gingen später bei strömendem Regen am Strand noch was Essen. Gut waren wir mit dem Auto unterwegs.

Der nächste Tag begann, wie der vorherige aufgehört hatte: es regnete in Strömen. Wir verbrachten den ganzen Tag im Haus von Fernanda und Marcia, entspannten, lasen gemütlich und arbeiteten an unserem Blog. Wie wir von unseren Gastgeberinnen erfuhren, hatte es bislang 72 Tage am Stück geregnet! Sehr ungewöhnlich für die Gegend und die Jahreszeit und mit ziemlich grosser Wahrscheinlichkeit dem Phänomen "El Niño" zuzuschreiben. Wir hatten riesiges Glück, denn die folgenden Tage waren sonnig und warm. Es war Mitte der Woche und Fernanda meinte, wir sollten zuerst den Norden der Insel besuchen, da am Wochenende viele Städter an die Strände fahren. Als wir ankamen, waren die Strände bei Daniela, Praia do Forte und Jurerê grösstenteils menschenleer. Wir genossen die Wärme, die weissen Sandstrände und das kühle Wasser. Den nächsten Tag verbrachten wir wieder im Norden - diesmal an den Stränden Praia Brava, Lagoinha und Ponta das Canas. Wie gut, dass wir mit einem eigenen Fahrzeug unterwegs waren und die Insel ganz flexibel bis in den hintersten Ecken erkunden konnten. Leider hatte es ziemlich viel Verkehr auf den Hauptachsen und die gefühlten 2 Mio. Temposchwellen waren mit der Zeit etwas nervtötend.

Den Süden der Insel haben wir uns dann fürs Wochenende aufgespart. Nach einigem Hin und Her entschlossen wir uns, die Wanderung zur Lagoinha do Leste zu machen - wohl einer der schönsten Strände überhaupt und nur zu Fuss zu erreichen. Die 3-stündige Küstenwanderung war wunderschön und weniger herausfordernd als beschrieben. Als wir den Strand erreichten, genossen wir ein erfrischendes Bad im Fluss und assen eine Kleinigkeit aus dem Rucksack. Um nicht wieder den gleichen Weg zurück zu wandern, nahmen wir die Route nach Pântano do Sul und von da den Bus zurück nach Armaçao, wo unser Wagen stand. Was für ein schöner Ausflug!

Da Fernanda und ihre Mutter in Urlaub fuhren, mussten wir die Unterkunft wechseln und wurden ganz in der Nähe fündig. Wieder ein wunderschönes AirBnB bei Marcia (die Zweite) und ihrer Familie. Es war Sonntag und wir machten uns gleich nach dem Umzug auf nach Naufragados, dem südlichsten Punkt der Insel. Zum Strand sind es rund 40 Minuten zu Fuss. Für mich war dies der schönste aller Strände auf der Insel. Auf dem Rückweg assen wir frische, leckere Austern.

Am Montag regnete es wieder. Es war unser letzter Tag auf Floripa. Den Nachmittag verbrachten wir an der Lagune und gingen am Abend nochmal Austern essen. Hmmm... Leider sind mir diese Austern dann nicht gut bekommen. Wahrscheinlich war eine schlechte dabei. Die geplante Weiterreise nach Foz do Iguaçu am nächsten Tag war unmöglich und so ging Sevi los und buchte alles um (Bustickets, Automiete, Unterkünfte...) - das war ein ziemliches Manöver, hatten wir doch für die nächsten zwei Wochen alles schon vorgebucht. Aber Dank Sevis Einsatz hat alles ohne Aufpreis geklappt. Marcia hat sich derweil rührend um mich gekümmert, hat Suppe und Tee für mich gekocht und mich mit einer Wärmeflasche versorgt. 24 Stunden später ging es mir wieder besser und wir nahmen mit zweitägiger Verspätung die Weiterreise zu den Wasserfällen in Angriff.

Auch wenn es sprachlich mächtig klemmt und wir uns auf portugiesisch kaum verständigen können, lernten wir die Brasilianer als offene, hilfsbereite, liebenswürdige und ideenreiche Menschen kennen. Wir fühlen uns wohl und freuen uns auf die verbleibenden (3) Wochen in Brasilien.

Praia Daniela

Von Colonia del Sacramento nach Punta del Diablo, Uruguay - 9. bis 15. November 2015


Ein Leben ohne Termine ist pures Glück und führt zu absoluter Entschleunigung. Dies hat sich vor allem auch auf unser Reisetempo ausgewirkt. So langsam aber sicher lief uns aber die Zeit davon! Wir mussten also dringend einen Zacken zulegen.

Mit der Fähre setzten wir von Buenos Aires, Argentinien nach Colonia del Sacramento in Uruguay über. Nach der reibungslosen Überfahrt mit Cüpli in der ersten Klasse stellten wir mit Entsetzen fest, dass die Argentinier an der Grenze ihre Pesos nicht zurück kaufen wollten und der Kurs auf der Uruguayo Seite 50 % unter dem offiziellen Bankkurs lag. Eben noch triumphierten wir über das chaotische Währungssystem, nun nervten wir uns gewaltig über den Währungsverlust. Der Ärger war allerdings schnell verflogen. Wir kontaktierten gleich nach unserer Ankunft Iseli und Claudia. Von denen wussten wir, dass sie uns entgegen reisen. Wir organisierten ein Treffen ein paar Tage später in Piriápolis und verkauften ihnen das Geld zum Vorzugskurs. So konnten alle profitieren. Nach so viel Arbeit wollten wir uns endlich das Städtchen Colonia ansehen. Wir kletterten auf den Leuchtturm und schlenderten durch die Strassen. Sehr hübsch aber auch sehr übersichtlich. Ein plötzlich aufziehender Sturm beendete unseren Spaziergang jäh. Tags darauf zogen wir weiter in die Hauptstadt Montevideo. Im Bus hatten wir high-speed-Wifi!!! Das ist hier eben Standard. Wir kamen uns ohnehin vor, wie wenn wir in einer anderen Welt unterwegs wären. Alles ist sauber hier. In den Bussen lungern keine düsteren Gestalten rum und die grüne Natur mit den Wäldern erinnerte uns stark an die Schweiz. Montevideo hakten wir auch an einem Tag ab. Wir mussten schliesslich weiter nach Piriápolis. Wir hatten uns dort nämlich doppelt verabredet. Am Nachmittag zu Kaffee und Kuchen bei einer Freundin von Rapha und am Abend mit Iseli für geschäftliche Angelegenheiten. Der besagte Deal war schnell unter Dach und Fach. Danach genossen wir einen der allerschönsten Sonnenuntergänge, den wir je gesehen haben (voll Premium halt) und ein leckeres Essen im Ort. War toll die beiden noch einmal gesehen zu haben.

Da wir ja neuerdings voll im Stress waren, mussten wir auch hier am nächsten Tag wieder weiterziehen. Als nächstes auf unserer Check-Liste: Punta del Este. Die Stadt sieht mit den Hochhäusern direkt am Strand ein wenig aus wie Miami. Da die Hauptsaison hier noch nicht begonnen hat, blieb uns das ganz grosse Touristen-Tohuwabohu zum Glück erspart. Bei unserer Ankunft kehrte das Wetter und am nächsten Tag schüttete es wie aus Eimern. Bei Rapha hat der Wetterumschwung auch gleich eine kurzzeitige Reisedepression ausgelöst. Unser neuer Reiserythmus hat das Ganze sicher noch verstärkt. Wir verlängerten im Hotel und beschlossen, drei Tage später einen Direktbus nach Florianópolis, Brasilien zu buchen, um länger am Strand zu entspannen. Am nächsten Tag besserte sich aber Rapha's Stimmung wie auch das Wetter zum Glück wieder. Wir liehen uns Velos und kurvten am Stadtstrand rum, besuchten Los Dedos (das Wahrzeichen der Stadt - eine Steinskulptur in Form einer Hand), und andere Sehenswürdigkeiten.

Für die letzten beiden Tage in Uruguay mieteten wir uns ein Auto, um die Küste noch ein wenig zu erkunden. Das war am Anfang schon komisch, nach so langer Zeit wieder am Steuer zu sitzen. Wir besuchten die Hippie-Komune in Cabo Polonio, wo wir vom Parkplatz aus in abenteuerlichen Gefährten über die Dünen zum Strand chauffiert wurden. Ein wirklich schöner Ort, indem es keine Elektrizität gibt. Auch hier steht ein malerischer Leuchtturm. Ich habe noch nie so viele davon gesehen. In Punta del Diablo fanden wir per Zufall ein wirklich tolles Hostel. Gemeinsam mir einem brasilianischen Pärchen genossen wir ein phantastisches Abendessen, bei dem wir uns mit Händen und einem wilden Mix aus Spanisch, Portugiesisch und Englisch verständigten. Funktioniert hat es wunderbar und die beiden waren sehr sympatisch. Es braucht manchmal halt wirklich nicht viel für einen gemütlichen Abend.

Tags darauf fuhren wir via Paloma und der Laguna de Rocha wieder zurück nach Punta del Este. Es blieb gerade noch genug Zeit und Geld, um ein Eis zu essen und danach das Restaurant "La Vista" zu besuchen. Es stellte sich heraus, dass  es sich hierbei um ein Dreh-Restaurant handelt, mit toller Sicht über die ganze Stadt. Ich wollte unbedingt noch eine 360 Grad-Timelapse-Aufnahme dort oben machen. Aber das blöde Ding drehte sich so langsam, dass ich nur einen Drittel davon im Kasten hatte, bevor wir die Aktion abbrechen mussten um unseren Bus noch zu erwischen. Wir rannten zum Auto runter, fuhren zum Hotel, um unsere Sachen zu packen, gaben den Wagen ab und kamen etwas verschwitzt und gestresst auf dem letzten Drücker am Busterminal an. Wie war das nochmal mit unserem neuen Reisetempo?

Colonia del Sacramento

Salta & Buenos Aires, Argentinien - 1. bis 8. November 2015

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Nach nicht einmal einer Woche hiess es schon wieder Abschied nehmen von Chile und dem Hochland. Die zehnstündige Busfahrt von San Pedro nach Salta in Argentinien war traumhaft. Ein letztes Mal kreuzten wir die Anden mit ihren wunderschönen Lagunen, Vulkanen, Bergen und Schluchten. Wir werden diese fantastische Landschaft vermissen.

Salta hat uns dann mit Regenwetter empfangen. Wir hatten uns ein günstiges Hostel ausgesucht und fanden uns in der bis Anhin schäbigsten Unterkunft auf unserer Reise wider. Das passte immerhin zum Wetter. Wir blieben zwei Nächte und unternahmen nur das Nötigste. Uns gefielen die kitschigen Kirchen in rosarot und hellblau, die weiten Strassen und natürlich das Essen. Argentinien ist ja der Albtraum eines jeden Vegetariers. In den Parillas kann man Fleisch essen, bis es einem zum Hals raus hängt.

Nach zwei Tagen zogen wir weiter. Wieder im Bus und das für satte 24 Stunden. Unser Ziel: Die 13 Millionen Metropole Buenos Aires. Dieses Mal liessen wir uns nicht lumpen und buchten ein Appartement via Airbnb im hippen Stadtteil Palermo. Gleich am ersten Abend machten die Boca Juniors in einem nicht sehr gut getürkten Pokalfinale das „Dobble“ perfekt. Wir waren allerdings dermassen auf dem Hund, dass wir unsere Hintern nicht mehr zur Feier schleppen konnten. Am nächsten Tag war es noch schlimmer. Wir setzten den ganzen Tag keinen Fuss vor die Tür und waren unglaublich antriebslos. Die langen Busfahrten hatten uns doch ziemlich zugesetzt…

Erst am dritten Tag machten wir uns auf, die Stadt zu erkunden. Diese ist sehr aufgeräumt und wirkt europäisch. Kein Wunder, wurde sie doch von Spaniern gegründet. Einen grossen Einfluss auf das Stadtbild und die Kultur hatte wohl auch die Masseneinwanderung im 19. Jahrhundert, welche von Italienern angeführt wurde. Von ihnen haben die Argentinier wohl auch ihr Faible für Misswirtschaft. Die Währung ist ein riesiges Fiasko und verliert aufgrund der anhaltenden Inflation innerhalb eines Jahres bis zu 40 % an Wert! So erstaunt es nicht, dass die „Gauchos“ ihr hart verdientes Geld in eine sichere Währung anlegen wollen. Dies führt dazu, dass es für den Dollar verschiedene Wechselkurse gibt. Für den offiziellen Kurs kriegt man für einen Dollar in etwa 10 Argentinische Pesos. Auf der Strasse kann man 15 Pesos dafür erhalten (mit ein wenig feilschen sogar mehr). Da wir dies wussten, haben wir bereits in der Schweiz Dollars gekauft und diese 10 Monate lang durch Südamerika spazieren geführt. Nun, es hat sich gelohnt. Ein Schlepper auf der Strasse hat uns in eine als Schneiderei getarnte Wechselstube geführt, wo wir die Dollars eintauschen konnten. Fortan kamen wir mit all unseren Einkäufen in den Genuss von einem satten 33 % Discount :-)

Wir schlossen uns wieder einer Free City Tour an, um einen Überblick zu bekommen. Die Porteños, so nennen sich die Einwohner von Buenos Aires, sind sehr stolz auf ihre Stadt, freundlich und ein klein wenig hochnäsig. Wir mussten uns erst mal wieder an den Dialekt gewöhnen, was am Anfang ziemlich frustrierend war. Es gibt hier Eisdielen und Cafés an jeder Ecke, die Strassen sind gesäumt von Bäumen und es gibt viele Parks. Und ja, jeder Porteño hat einen Fifi und die scheissen die ganzen Strassen voll. Dafür gibt es auf den Toiletten wieder WC-Papier und man kann dieses auch die Toilette runterspühlen! Das mag jetzt für viele blöd tönen, aber die letzten Monate sind wir nie ohne eine Rolle Toilettenpapier aus dem Haus gegangen und die Abwasserleitungen durften nicht damit gefüttert werden. Die verschiedenen Barrios (Quartiere) könnten unterschiedlicher nicht sein. Palermo ist gespickt mit Bars und tollen Restaurants. Recoleta sehr elegant mit internationalen Boutiquen, das Hafenviertel topmodern und la Boca farbenfroh und lebhaft.

Aus dem Traum, ein Fussballspiel live mitzuerleben wurde aber leider nichts. Wir pilgerten zwar zum Stadion von River Plate, bekamen aber leider keine Tickets auf dem Schwarzmarkt. Wir werden unser Glück im legendären Maracana in Rio noch einmal versuchen. Aber erst mal wollen wir nach Uruguay. Dahin ist es zum Glück nicht weit - wir kommen sogar ohne Bus klar :-) Mehr dazu dann im nächsten Blogeintrag.

Palacio del Congreso

San Pedro de Atacama, Chile - 27. bis 31. Oktober 2015

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Die vielen Eindrücke, die wir aus Bolivien mitgebracht hatten, mussten wir erst mal sacken lassen. Unsere Unterkunft in der Casa Ancestral war wie geschaffen dafür und wir machten es uns erst mal gemütlich. 

Nach einem geruhsamen Mittagsschläfchen machten wir uns auf, die kleine Ortschaft San Pedro de Atacama zu erkunden. Das Örtchen liegt am nördlichen Rand der Salar de Atacama. Die Atacamawüste ist eine der trockensten Landschaften der Erde. In einigen Orten wurde jahrzehnteland kein Regen registriert. Die Oase San Pedro ist ein beliebtes Ziel für jährlich über 50'000 Touristen. Und so kommt es auch daher: schicke Restaurants und teure Boutiquen stehen im krassen Gegensatz zu allem, was wir in den vergangenen Wochen in Bolivien vorgefunden hatten. Ein ziemlicher Kulturschock für uns. Aber wir genossen das leckere Essen, die warmen Temperaturen und die vielen Eisdielen.

Wir hatten 4 volle Tage in San Pedro eingeplant und wollten etwas von der imposanten Natur in der Umgebung sehen. So machten wir uns auf die Suche nach einer Agentur und stellten schnell fest, dass allesamt exakt das Gleiche verkaufen. So pickten wir den für uns sympatischsten Anbieter aus und buchten gleich ein 4 Tages-Paket, was uns einen Rabatt von 10 % einbrachte. 

Am nächsten Tag ging es gleich zum ersten Highlight: wir besuchten das Valle de la Luna und genossen einen fantastischen Sonnenuntergang. Wir stellten auch gleich fest, dass die Guides hier um ein Vielfaches motivierter sind als noch in Bolivien. Kaum kommt man über die Grenze, legt das Wort "Dienstleistung" mächtig an Bedeutung zu...

Der folgende Tag war für mich der eindrücklichste: wir besuchten die Salar de Atacama, die Lagunas Altiplánicas und die Laguna Tuyajto (Piedras Rojas). Die Kombination der türkisfarbigen Lagune und der roten Steine war atemberaubend. Der singende Busfahrer und der tanzende Guide waren für sich schon ein Erlebnis. Die Lebensfreude der beiden war sehr ansteckend. Und als ob das nicht schon genug wäre, haben die beiden sich extrem ins Zeug gelegt. So nahmen wir uns an den einzelnen Orten viel Zeit und genossen ausserplanmässig einen wunderschönen Sonnenuntergang. Wir waren erst um 20 Uhr statt schon um 17 Uhr zurück in San Pedro. Wer würde bei uns schon freiwillig solche Überstunden leisten - noch dazu zu einem verhältnismässig geringen Salär...

Am dritten Tag hiess es früh aufstehen. Wir wollten den Geysir El Tatio besuchen und wurden um 05.00 Uhr abgeholt. Schon im Bus wurde es empfindlich kalt und beim Geysir-Feld auf rund 4'000 m über Meer angekommen fiel die Temperatur auf frostige minus 14 C. Glücklicherweise waren wir vorgewarnt - wir zogen alles an, was wir an warmen Klamotten dabei hatten. So war es auszuhalten. Die Herausforderung kam dann für uns etwas später: da oben beim Geysir gibt es ein Aussen-Thermalbad. Das Becken hat im besten Fall 30° C. Sich bei dieser Aussentemperatur auszuziehen, ist nicht jedermanns Sache und kostete uns einiges an Überwindung. Dann war es im Pool leider in etwa so, wie in einer abgekühlten Badewanne zu sitzen. Also alles andere als ein schön heisses Bad. Aber das Erlebnis und die Kulisse waren einmalig. Auf dem Rückweg wurden wir dann noch Zeuge, wie der Vulkan Láscar Rauch und Asche spuckte. In dem Moment ist uns wieder voll bewusst geworden, dass wir von lauter aktiven Vulkanen umgeben sind. Zum Glück blieb es bei etwas Rauch und Asche!

Noch am gleichen Abend wollten wir Sterne gucken gehen. Die Atacama-Wüste ist ein beliebter Ort für Weltall-Beobachter aus aller Welt. Von Claudia und Raphael bekamen wir den Tipp, früh genug bei Space Obs zu reservieren. Wie gut, dass wir das rund zwei Wochen vorher auch taten. Als wir unsere Tickets abholten, war die Tour ausgebucht. Wir verbrachten einen eindrücklichen Abend unter einem fantastischen Sternenhimmel und bekamen viele interessante Infos über die Sternen und ihre Konstellationen. Es war auch nicht zu viel Fachjargon und wir konnten den Ausführungen folgen. Die Beobachtungen durch die rund 15 Teleskope waren dann für mich eher enttäuschend. Ich dachte, man käme näher ran und könnte mehr von den Sternen sehen. Aber die sind halt einfach viel zu weit weg. 

Am vierten Tag wäre nochmal ein Ausflug geplant gewesen. Aber wir konnten nicht mehr und wollten auch keine Lagune mehr sehen. Irgendwann führen die ganzen Eindrücke zu einer Art Übersättigung und man kann es nicht mehr richtig geniessen. So entschlossen wir uns, den Tag in der Casa Ancestral zu verbringen. Wir plauderten mit Salomé, die seit zwei Jahren in der Casa Ancestral arbeitet. Sie musste für ihren Job ihre Familie in Bolivien zurücklassen. Ihr jüngster Sohn ist gerade mal 5 Jahre alt! Sie vermisst ihre Kinder sehr und hofft, bald zurückkehren zu können. Aber die schlechten Jobaussichten in ihrem Heimatland lassen das im Moment einfach nicht zu. Gegen Abend gönnten wir uns eine entspannende Massage und assen zum letzten Mal Sevi's chilenische Lieblingsspeise "Pastel de Choclo". 

Am Tag der Abreise sortierten wir unsere warmen Kleider aus und liessen auch die Wanderschuhe zurück. Die haben nach über 7 Jahren mehr als ihren Dienst erfüllt. Kurz vor Mittag ging es dann im Bus weiter über die Grenze nach Salta, Argentinien.

Kirche in San Pedro de Atacama

Salzwüste von Uyuni, Bolivien - 22. bis 27. Oktober 2015


Nachdem wir von diversen Seiten vernommen hatten, dass es sich lohnt, von Tupiza statt von Uyuni aus in die Salzwüste zu fahren, entschlossen wir uns für die touristisch weniger frequentierte Alternativroute. Von Sucre ging es also erst mal im Nachtbus nach Tupiza. Für die knapp 8-stündige Fahrt stand uns keine Bustoilette zur Verfügung. Wie gut, dass ich vor Abfahrt auf's Bier verzichtet hatte! Die ersten Stunden war es heiss uns stickig im Bus, was dazu führte, dass alle Passagiere die Fenster aufrissen. Nach Mitternacht wurde die Strasse immer holpriger und die Fenster standen immer noch alle offen. Es wurde ungemütlich und empfindlich kalt. Eine typisch bolivianische Busfahrt halt... Morgens um vier trafen wir völlig übermüdet in Tupiza ein. Zum Glück betreibt unser Hostel eine 24-Stunden-Rezeption. Unser Zimmer war zwar noch nicht bereit, aber wir konnten die Couch im Aufenthaltstraum in Beschlag nehmen und mussten nicht auf der Strasse warten. Kurz nach 7 Uhr gab's dann auch schon Frühstück. Danach informierten wir uns bei Torre Tours über deren Angebot und buchten kurz entschlossen für den nächsten Morgen eine 4-tägige Tour durch die Reserva Eduardo Avaroa und die Salzwüste bis nach Uyuni. Danach hauten wir uns ein paar Stunden aufs Ohr. Am Nachmittag erkundeten wir das verschlafene Nest und liessen uns per Taxi zum Mirador Entre Rios fahren. So haben wir wenigstens noch etwas von der Umgebung gesehen. Tupiza ist echt ruhig und schön.

Am nächsten Morgen ging's gleich nach dem Frühstück los. Wir teilten den Landcruiser mit Jéremy und Nancy, einem jungen, französischen Pärchen aus Paris, dem Fahrer Edwin und der Köchin Celia. Celia war auch gleichzeitig unser Guide für die Tour. Unsere Route war wie folgt:

1. Tag
Tupiza (2'950 m.ü.M.) - Sillar - Awanapampa - Cerrillos - Polulos - Pueblo Fantasma - San Antonio de Lípez - 1. Übernachtung in Quetena Chico (4'200 m.ü.M.)

2. Tag
Laguna Hedionda - Laguna Kollpa - Salar de Chalviri - Desierto de Dali - Laguna Blanca - Laguna Verde (4'400 m.ü.M.) mit Volcán Licancabur - Aguas Termales - Geysers - Laguna Colorado - 2. Übernachtung in Huayllajara (4'300 m.ü.M.)

3. Tag
Arbol de Piedra - Desierto de Siloli - Laguna Honda - Laguna Charcota - Laguna Hedionda - Laguna Cañape - Mirador Volcán Ollagüe - Salar Chiguana - 3. Übernachtung im Salzhotel in Chuvica (3'650 m.ü.M.)

4. Tag
Salar de Uyuni - Isla Incahuasi - Hotel de Sal - Colchani - Cementerio de trenes - Uyuni

Die Landschaft hat uns echt den Atem geraubt. Jedesmal, wenn wir dachten, "schöner kann's nicht mehr werden" kam schon das nächste Highlight. Der Höhepunkt der Tour war die Salar de Uyuni (auch Salar de Tunupa genannt), die mit mehr als 10'000 Quadratkilometer grösste Salzpfanne der Erde.

Leider war unser Guide Celia extrem unmotiviert. Sie und der Fahrer stiegen unterwegs nicht ein einziges Mal mit uns aus dem Fahrzeug, Infos gab's nur auf Anfrage und die wenigen "fotos locas", welche sie in der Salar de Uyuni von uns gemacht hat, waren miserabel. Den Bock abgeschossen haben die beiden dann am letzten Morgen, wo sie uns zu spät aufstehen liessen und wir prompt den Sonnenaufgang um 30 Minuten verpassten. Zum Glück war es bewölkt und damit der "Schaden" nicht ganz so gross. Ihre Antwort auf unsere Reklamation war dann, dass normalerweise die Sonne später aufgeht... hahaha... sich ärgern nützte nichts. Dafür war Celia eine hervorragende Köchin und Edwin ein sehr umsichtiger Fahrer. Man kann halt nicht alles haben ;-) Mit den Franzosen verbrachten wir gemütliche Abende bei gutem Essen und dem selbst mitgebrachten Wein. Die Unterkünfte waren auch viel besser als erwartet - einzig die Duschen fehlten bei den ersten beiden Übernachtungen.

Die Tage vergingen wie im Flug. Als wir in Tupiza ankamen, gab's nochmals kurz Ärger... Torre Tours hatte unseren Anschlusstransfer von Uyuni über die Grenze nach Chile verschlampt. Wir hatten Glück und es gab in einem Minibus noch zwei freie Plätze für uns! Der Abschied von Edwin und Celia fiel entsprechend kurz und etwas "unterkühlt" aus. Schade. Bis zu unserer Weiterfahrt blieben noch ein paar Stunden. Da es in Uyuni nicht viel zu sehen gab, setzten wir uns mit den beiden Franzosen und ein paar anderen Reisenden in ein Pup und genossen die gesellige Runde. Um 18 Uhr ging es dann für uns weiter. Nach gut drei Stunden erreichten wir Villa Mar, wo wir zu Abend assen und die Nacht verbrachten. Früh um 4.00 Uhr am nächsten Morgen ging die Fahrt weiter bis zur Grenze Hito Cajón. Wir erreichten San Pedro de Atacama gegen Mittag, assen eine Kleinigkeit und bezogen anschliessend ein wunderschönes Doppelzimmer mit eigenem Bad in der Casa Ancestral. Nach den letzten Tagen im Mehrbettzimmer und ohne warme Dusche genossen wir diesen erneuten Luxus sehr. Wie geht es uns doch gut!


Tupiza

Sucre, Bolivien - 19. bis 21. Oktober 2015


Sucre sollte man als konservativ republikanische Familie auf keinen Fall bereisen. Bereits am Flughafen wird für das Dinosaurier-Museum und die Fussabdrücke der putzigen Echsen geworben. Dürfte also schwierig sein, hier den Kreatonismus vor dem gwundrigen Nachwuchs zu verteidigen.

Da wir dank Steven Spielberg an die Existenz von T-Rex und Co. glauben, haben wir damit kein Problem. Im Gegenteil. Wir freuen uns riesig darauf, die Hauptstadt von Bolivien kennen zu lernen. Wir haben von allen Seiten nur Gutes gehört.

Wie das so ist mit hohen Erwartungen; sie bergen stets die Gefahr enttäuscht zu werden. So erging es uns leider auch mit Sucre. Wir wurden einfach nicht warm mit der Stadt. Uns war alles zu geordnet und es fehlte an Charme. Wir haben die Sehenswürdigkeiten schnell abgeklappert und waren froh, als wir nach drei Tagen weiter ziehen konnten.

Per Nachtbus ging es in 10 Stunden nach Tupiza. Dabei habe ich auf die schmerzliche Tour lernen müssen, dass man vor so einer langen Fahrt kein Chili con Carne essen sollte. Die Frodulenzen dürften schlimmer gewesen sein als ketzerische Fragen von Kreatonistenkindern über Dinos.


Hospital de Santa Barbara, Plaza de la Libertad

Reisepläne 2016

Die Würfel sind gefallen und viele haben es schon erfahren - wir werden unsere Reise nächstes Jahr auf der anderen Seite der Erde fortführen. Da wir als SVP Wähler glauben, dass die Erde eine Scheibe ist, müssen wir zuerst zurück in die Schweiz fliegen. Wir werden planmässig am 17. Dezember um 18.05 Uhr mit IB3474 in Zürich landen und freuen uns riesig darauf, Euch lieben Leute alle nach so langer Zeit endlich wieder zu sehen.

Unser Abenteuer werden wir am 13. Januar 2016 fortsetzen. Wir fliegen via Bangkok nach Sydney. Dort bleiben wir 10 Tage, bevor es dann nach Neuseeland weitergeht. Hier wollen wir uns ein Auto kaufen und während drei Monaten Mittelerde entdecken. Wie es anschliessend zurück in die Schweiz geht, ist zurzeit noch offen. Im Fokus stehen Indonesien und/oder Malaysia. Fest steht nur, dass wir pünktlich zum Zapfenstreich 2016 wieder in Brugg sein wollen.


Santa Cruz, Bermejo und Samaipata, Bolivien - 8. bis 18. Oktober 2015

(Video)

Da wir viele Horror-Stories über Busfahrten in Bolivien gehört hatten, beschlossen wir, mit dem Flugzeug nach Santa Cruz zu reisen. Ich hatte zuvor viele Stunden im Internet recherchiert, bis ich sicher war, dass wir nicht wieder in so einem Laubflieger sitzen, der mich schon beim blossen Anblick zum Hyperventilieren bringt. Aber schlussendlich haben wir den passenden Flug gefunden und sind bequem innerhalb einer Stunde über die Cordillera Real ins Tiefland geflogen. 

Santa Cruz ist mit rund 1,5 Millionen Einwohnern die grösste Stadt Boliviens. Hier wird vor allem auch viel Geld aus dem Kokaingeschäft gewaschen und die Stadt wächst immer noch kreisförmig nach Aussen. Wir machten es uns am Hostel-Pool in den Hängematten bequem, um uns an das feucht-heisse Klima zu gewöhnen. Am Abend haben wir uns mit Luca, einem ehemaligen Junioren der Hurricanes Lenzburg, zum Essen verabredet. Luca arbeitet seit einigen Monaten als Rohstoffhändler hier und gehört mit seinem Schweizer Salär hier der Oberschicht an. Das letzte Mal, als ich ihn gesehen habe, war er 14 Jahre alt und ich zählte bereits 25 Lenze. Damals bestand er für mich nur aus einem übergrossen Trikot und einem Helm mit Gitter und wir haben damals nie ein Wort gewechselt. Mit 16 hat er die Hurries verlassen. Dank Facebook habe ich mitbekommen, dass es ihn nach Santa Cruz verschlagen hat, und so haben sich unsere Wege nach langer Zeit wieder gekreuzt. Es war spannend zu sehen, was aus dem kleinen Pfupf geworden ist.

Am nächsten Tag haben wir beim Frühstück Anna und Laurence aus England kennen gelernt. Die beiden waren uns auf Anhieb sympathisch und sie wollten wie wir nach Samaipata weiterreisen. Wir beschlossen, am nächsten Tag gemeinsam ein Taxi zu nehmen und verlängerten noch einmal eine Nacht, obwohl uns die Stadt nicht wirklich gefallen hat. Leider hat das Wetter über Nacht massiv umgeschlagen. Der Wind aus den Anden brachte Regen, Wind und Kälte. So verbrachten wir den Tag in der nigelnagelneuen Ventura Mall und gönnten uns einen leckeren Burger im Hardrock Café.

Am nächsten Tag wurde dann nichts aus unserer gemütlichen Taxifahrt nach Samaipata. Wir warteten vergeblich auf unseren Fahrer und die Taxigesellschaft nahm unsere Anrufe einfach nicht mehr entgegen. So mussten wir notgedrungen zur Ecke fahren, wo die Sammeltaxis starten. Allerdings standen wir uns dort die Füsse in den Bauch und es wollte und wollte kein Fahrzeug kommen. Am Sonntag schien mal wieder keiner arbeiten zu wollen. Nachdem wir knapp zwei Stunden gewartet hatten, kam uns ein netter Bolivianer zu Hilfe und organisierte uns über Internet ein anderes Fahrzeug. Er begleitete uns sogar auf dem Fussmarsch durch eine eher ungemütliche Gegend dahin, wo der Minibus losfuhr und wir kamen endlich raus aus Santa Cruz. Rapha und ich stiegen bereits auf halbem Weg nach Samaipata aus. Hier in Bermejo wollten wir einige Tage auf einer Öko-Farm verbringen. Von der Strasse aus mussten wir mit all unserem Gepäck eine holprige Seilbrücke überqueren und waren froh, dass diese unserem Gewicht standhielt. Das Ginger’s Paradise wird von Chris und seiner Frau Sol geführt. Chris war Gitarrist bei „System of a Down“ und „American Flag“, zwei meiner absoluten Lieblingsbands. Irgendwann hatte er die Schnauze voll vom Musikbusiness und ist mit dem Fahrrad von Hollywood Richtung Süden gefahren und in Bolivien hängen geblieben. Hier hat er sich seinen Aussteiger-Traum verwirklicht und lebt praktisch ausschliesslich von selbst angepflanztem Grünzeug. Wollte man Musik hören, musste man zuerst auf ein zum Stromgenerator umfunktioniertes Velo steigen und in die Pedalen treten. Bei einem anderen Velo wurde auf dem Gepäckträger ein Mixer installiert, der ebenfalls mit Muskelkraft betrieben wird. Auch die Waschmaschine funktioniert nach diesem Prinzip. Alles hier ist einfach gehalten und die Dinge für den täglichen Gebrauch werden nach Möglichkeit selbst angebaut bzw. hergestellt. Wir schliefen im Massenschlag und mussten uns an die Trockentoilette und die eiskalte Dusche gewöhnen. Ein absolutes Highlight war das tolle Essen, das Sol jeden Tag auf den Tisch zauberte. Wir blieben drei Tage dort, machten Wanderungen und halfen auf dem Feld. Dabei habe ich in meinem Übermut beim Roden einiges an Gemüse zerstört. Die Wurzeln sahen für mich halt alle gleich aus. Chris’s Sohn Sisi hat mich nur völlig entgeistert gefragt, ob ich Probleme mit den Augen hätte. Am Abend spielten wir mit den anderen Gästen Schach und "vier gewinnt". Der Verlierer musste jeweils eine Tafel Schokolade bezahlen. Zwischendurch spielte Chris auf der Gitarre. Das waren wunderschöne Momente. In bester „System of a Down“ Manier zerstörte er die schönsten Melodien im richtigen Moment brachial. Ach, wie habe ich das vermisst… Als er mich fragte, wieso ich in der Schweiz alles hingeschmissen habe und durch Südamerika reise, antwortete seine Frau „because he is a rebel“. Dabei ist mir in Gegenwart dieser Koryphäe vor stolz fast der Kragen geplatzt. Wir waren richtig traurig, als wir das Paradies verlassen mussten. Chris und Sol sind so herzlich und wir haben uns in ihrer Familie richtig wohl gefühlt.

Und weiter ging es nach Samaipata. Wir warteten in sengender Hitze zweieinhalb Stunden am Strassenrand, ehe uns ein Bus mitnahm. Das war extrem schlechtes Timing... es war nämlich gerade Mittagszeit und damit Siesta... es fuhren kaum Fahrzeuge. Irgendwann kamen wir dann aber doch in Samaipata an. Wir wohnten im Hotel Landhaus, wo Anna und Laurence bereits auf uns warteten. Das Hotel hatte einen tollen Garten mit Pool und wir blieben fünf Tage hier. Wir besuchten die wunderschönen Wasserfälle von Cuevas, die Inka-Festung „Fuerte de Samaipata“ und ein Weingut. Sonst faulenzten wir. Für die Weiterfahrt nach Sucre entschieden wir uns wiederum für das Flugzeug. Wir wollten uns die 14-stündige Holperfahrt im Bus nicht antun und entspannt am Ziel ankommen.

omnipräsent

La Paz zum Dritten - 1. bis 7. Oktober 2015


Eigentlich wollten wir am Sonntag nach der Hochzeitsfeier zum Cholita-Wrestling nach El Alto hoch... aber aus "unerklärlichen Gründen" haben wir es nicht rechtzeitig aus dem Bett geschafft. Die nächsten Tage verbrachten wir mit Fotos aussortieren, shoppen und Teleférico fahren. Wir sind alle drei Linien mindestens einmal hoch- und wieder runtergefahren und genossen den spektakulären Blick von El Alto runter auf La Paz. Die Stadt plant mindestens noch zwei weitere Gondellinien. Eine tolle Sache, wie wir finden. Nur leider laufen die Bolivianer so ungern... wenn die Bahn nicht unmittelbar beim Zielort ankommt, nehmen sie nämlich lieber den Bus. Der hält, wo immer man will, an offizielle Haltestellen hält sich keiner. So ist es üblich, dass der Bus alle paar Meter anhält, weil irgendwer ein- oder aussteigen will. So wird der Verkehr in der Stadt natürlich nicht wirklich entlastet.

Nachdem wir ausgiebig eingekauft hatten, brachten wir ein knapp 7 kg schweres Paket zur Post. Das Porto war mit rund $ 120 fast so teuer, wie der gesamte Inhalt. Wir sind gespannt, wann das Paket in der Schweiz eintreffen wird (wenn überhaupt...). 

Am Abend vor unserer Weiterreise nach Santa Cruz trafen wir uns nochmal mit Claudia und Simon bei Jean-Claude im Restaurant Swissfondue, genossen eine gesellige Runde und wurden Zeuge, wie Simon seine langen Haare verlor. Nachdem er nämlich ausgesprochen hatte, dass er seine Haare schneiden will, holte Jean-Claude den Rasierer (aus der Küche?). Claudia fackelte nicht lange rum und "schwups" waren die Haare ab. Was für ein Spektakel. Wir werden unsere neuen Freunde vermissen!


La Boda: Hochzeit von Claudia & Simon in La Paz - 3. Oktober 2015


Zurück in La Paz, hatten wir als erstes mal wieder mit der Höhe zu kämpfen. Auf 3'500 m bekommt Sevi Kopfschmerzen und ich kann nachts nicht schlafen. Nach einer unruhigen und eher schlaflosen Nacht machten wir uns am nächsten Morgen etwas groggy auf in die Innenstadt. Da trafen wir uns mit Claudia in ihrem Tomate Café, wo wir ihr bei den Hochzeitsvorbereitungen halfen. Tischdeko stand auf dem Programm. So verbrachten wir ein paar bastelnde Stunden und dekorierten Weinflaschen. Am Mittag holte Claudia ihr Kleid ab und wir machten uns auf, Sevi's Anzug auszuleihen. Den hatten wir vor unserem Ausflug nach Rurrenabaque bereits "vor-ausgesucht". Wir hatten Glück, der Anzug war noch da. Es war nämlich der einzige, der nicht zu kurze Ärmel und Hochwasserhosen hatte... die kleinen Bolivianer ;-) An einem der tausend Marktstände kauften wir dann noch das passende Hemd zur geliehenen Krawatte. Schuhe und Gürtel hatten wir bereits vor zwei Wochen gekauft - zusammen mit meinem Outfit. Wir waren also kleidertechnisch ready. Am späteren Nachmittag trafen wir uns wieder mit Claudia und holten mit ihr die Ringe beim Juwelier ab. Da sie keine Rechnung dafür haben wollte, sprang ein fetter Rabatt für sie raus! So läuft das hier. Anschliessend gingen wir in einen Supermarkt, besorgten die restlichen Dinge, die ihr noch fehlten und brachten alles ins Tomate. Claudia, die Ärmste, machte sich dann auf den Weg zur Uni. Nebenbei studiert sie nämlich noch Wirtschaft/Office Administration und hatte an dem Abend eine Prüfung zu schreiben. Auf dem Heimweg holten Sevi und ich noch unser Hochzeitsgeschenk ab: ein Gutschein fürs Restaurant Swissfondue. Jean-Claude gab uns für die Deko Fähnchen mit den Schweizer Kantonen mit. 

Am Tag vor der Hochzeit gingen Sevi und ich zum Quartier-Coiffeur und dann wieder zu Claudia ins Tomate. Da waren Claudia und ihr Team bereits damit beschäftigt, neben dem Tagesgeschäft das Hochzeitsmenu vorzubereiten. Das Tomate ist ein vegetarisches Restaurant und somit auch das Menu fleischlos. Wir halfen in der Küche mit und warteten auf Claudias Onkel, der dann am Abend mit seinem Minibus vorbeikam. Wir luden alles in den Bus, holten Simon und seinen Kühlschrank zuhause ab und fuhren aufs "Festgelände". Dieses liegt ca. eine Autostunde ausserhalb von La Paz in einer ländlichen Gegend. Von da hat man eine fantastische Aussicht rüber auf El Alto und die umliegenden Berge. Es war schon spät. Wir luden also alles aus und machten uns gleich auf den Rückweg.

Nun war er da, der grosse Tag von Claudia und Simon. Da Claudia die gesamte Hochzeit selber geplant und organisiert hatte, war sie früh morgens schon unterwegs, um in der Küche nach dem Rechten zu sehen. Zudem hatte Simon vergessen, ein Hemd zu besorgen. So ging Claudia los und kaufte eines. Wir trafen uns um 10.00 Uhr mit ihr am Plaza Humbolt und nahmen ein Colectivo. Auf dem Festplatz angekommen, waren Jean-Claude, Simon und zwei weitere Helfer bei den Vorbereitungen. Tische, Stühle, Pavillons, Deko, Beleuchtung, Getränke etc. etc. Auf 14 Uhr waren die Gäste bestellt, die Zeit drängte. Wir packten also gleich mit an. 

Mit einiger Verspätung trafen dann die Kosmetikerinnen ein und Claudia konnte sich endlich mal hinsetzen. Zur Ruhe kam sie allerdings nicht: es gab zuviel, was noch erledigt werden musste. Zeitgleich hatte ein heftiger Regen eingesetzt - die Openair-Zeremonie drohte, ins Wasser zu fallen und draussen kümmerte sich Simon im Hochzeitsanzug um die letzten Details und wurde klatschnass. Auf den letzten Drücker wurde alles fertig. Als die Gäste eintrafen, hatte es aufgehört zu regnen und wenig später kam sogar die Sonne durch! 

Der erste Teil der Hochzeit bestand aus der zivilen Trauung. Da kam bei der Braut kurzzeitig Panik auf, als sie während der Ansprache der Standesbeamtin feststellte, dass die Ringe fehlten. DER Klassiker.... die Trauzeugin reagierte geistesgegenwärtig, schlich sich rückwärts raus und holte die Ringe aus Claudias Tasche. Kaum einer hat was bemerkt. Gleich im Anschluss fand die traditionelle Indio-Zeremonie statt. Es war sehr schön zuzuschauen, auch wenn wir nur einen Bruchteil davon verstanden.

Nach dem offiziellen Teil ging es zum Apero über, die Livemusik spielte und es wurde getanzt. Dann wurde das vegetarische Buffet eröffnet. Das Küchenteam hatte das Besteck vergessen und so behalfen sich die Gäste mit den vorhandenen Löffeln und mit kleinen Zangen. Später am Abend sassen alle um das grosse Lagerfeuer, es wurde getrunken, gelacht und getanzt. Eine runde, gelungene und farbenfrohe Feier und wir sind glücklich, dass wir daran teilhaben durften.

Ride & River / von La Paz nach Rurrenabaque - 21. bis 30. September 2015

(Video)

Endlich war es so weit. Wir freuten uns schon lange auf dieses "once in a lifetime" Abenteuer mit Gravity. Innerhalb von 6 Tagen sollte es per Mountainbike und Boot von den Anden bis in den Amazonas runter gehen. Dabei würden wir Orte sehen, wo sich kaum je ein Tourist hinverirrt, im Dschungel trekken, auf Strohbetten und in Zelten schlafen und uns in Flüssen waschen. Das Abenteuer begann allerdings viel früher, als wir erwartet hatten...

Wir fanden uns pünktlich um 06.40 Uhr im Gravity Workshop ein, wo wir von Moe, unserem Guide, empfangen und ausgerüstet wurden. Jeder kriegte einen Helm, Ellbogen- und Knieschutz, Handschuhe, Overall und Regen-Poncho. Alles sehr professionell und von guter Qualität. Wir lernten da auch gleich zwei weitere Teilnehmer kennen. Louise und Nick, ein aufgestelltes, junges Ehepaar aus Südafrika. Komplettiert wurde unsere temporäre Familie mit Alejandro (zweiter Guide), Mauricio (dem Fahrer), Franco (seinem Sohn) sowie fünf Neuseeländern, die wir noch am Flughafen abholen mussten. Unser Gefährt für die nächsten Tage stand auch schon bereit. Ein 4x4 Bus, der mehr wie ein Monster-Truck aussieht, weil ihn Mauricio extra für diese Tour umgebaut hat. Nachdem wir das Monstrum mit Bikes und Gepäck beladen hatten, sprang allerdings der Motor nicht an. Mauricio wollte unter dem Wagen nach dem Rechten sehen, als plötzlich Panik ausbrach. Sein Handschuh fing Feuer und aus dem Motor rauchte es. Zum Glück konnte Mauri den Handschuh gerade noch rechtzeitig abwerfen und wir opferten gedankenschnell all unser Trinkwasser, um den Brand zu löschen. Das war knapp! Glücklicherweise befindet sich der Tank hinten am Fahrzeug und war damit weit weg vom Brandherd. Es stellte sich heraus, dass die Deppen bei der Tankstelle nach dem Wahl-Wochenende wohl immer noch im Tiefschlaf waren und versehentlich Benzin statt Diesel getankt hatten. Also musste Mauri zuerst mal die Tanks leer kriegen. In der Zwischenzeit gingen wir mit Moe Kaffee trinken und nahmen dann die Seilbahn in das höher gelegene El Alto, wo uns Mauricio wieder abholen sollte. Er brachte den Wagen tatsächlich wieder zum laufen und lud uns unterwegs auf. Wir fuhren direkt zum Flughafen, um die wartenden Kiwis abzuholen. Nach einer etwa dreistündigen Fahrt erreichten wir den Startpunkt auf ca. 4'700 m für die erste Fahrradtour. Moe instruierte uns und wir gaben Pacha Mama, unseren Bikes und uns selbst einen Schluck Feuerwasser, um noch mehr Unglück von uns abzuwenden. Es ging gemächlich los; wir fuhren die meisten der rund 37 km auf asphaltierter Strasse. Erst am Schluss wurden noch ein paar Singletrails gefahren. Noch vor dem Eindunkeln erreichten wir das wunderschöne Sorata auf 2'721 m, wo wir eine tolle Unterkunft bezogen. Beim Abendessen lernten wir die Gruppe besser kennen. Die Kiwis haben uns am ersten Abend schon zu sich nach Neuseeland eingeladen. Ich glaube wirklich es gibt kein freundlicheres Volk auf diesem Planeten.

Am zweiten Tag mussten wir schon früh los. Mit dem Truck ging es eine spektakuläre Strasse hoch. Wir passierten surreale Landschaften, wo Lamas und wilde Pferde weideten und hatten eine phantastische Aussicht auf die über 6'000 Meter hohen, schneebedeckten Bergriesen. Die Strasse war zum Teil arg abschüssig und wir waren sehr froh, dass wir mit Mauricio einen erfahrenen Fahrer hatten. Auf 4'800 m sattelten wir wieder unsere Bikes und düsten rund 65 km und über 4'000 Höhenmeter den Berg runter. An diesem 2. Tag waren etliche Singletrails dabei, so dass wir voll auf unsere Kosten kamen. Je weiter runter wir kamen, desto mehr Sauerstoff strömte in unsere Lungen und es wurde erheblich wärmer. Hier gibt es viele Coca-Plantagen und Moe hat uns eine gezeigt und erklärt, wie wichtig diese Pflanze für die Kultur der Bolivianer ist. Er fügte an, dass wir Ärger bekommen würden, wenn uns der Coca-Bauer hier stehen sähe. Gerade noch rechtzeitig, bevor ich die Pflanzen bewässern konnte. "Jesus Sevi!!!" - war Moe's Kommentar dazu. Weil uns die heutige Unterkunft bereits im Vorfeld als "Shit-Hole" angepriesen wurde, beschlossen wir, uns in einem kleinen Fluss zu waschen. Was für eine Wohltat. Und genau die richtige Entscheidung. Das Hotel war nämlich wirklich alles andere als einladend. Die Strohbetten waren ziemlich unbequem und die Bilder der Toilette möchte man so schnell wie möglich wieder aus dem Gedächtnis eliminieren. Wir waren zum Glück hundemüde und nach einem leckeren Essen, welches die Guides für uns zubereitet hatten, und ein paar Bierchen sind wir trotzdem schnell eingeschlafen.

Traurig war niemand, als wir gleich am nächsten Morgen weiter zogen. Die Route des dritten Tages war eher flach und ein ständiges Auf und Ab. Die 55 km waren auf unseren schweren Downhill-Maschinen, bei brütender Hitze und der hohen Luftfeuchtigkeit nicht so leicht zu bewältigen. Immerhin konnten wir uns zwischendurch in einem Fluss abkühlen. Gegen Ende des Tages zogen dicke Wolken über uns auf und wir hatten just unser Ziel in Mapiri erreicht, als ein heftiges Gewitter einsetzte. Das war wirklich eine Punktlandung. Nun mussten wir von Alejandro, Mauricio, Franco, den Bikes und unserem lieb gewonnenen Monster-Truck Abschied nehmen. Hier war Endstation für unsere Fahrzeuge.

Am nächsten Tag ging es dann per Boot auf dem Rio Mapiri weiter. Nach drei Stunden machten wir Halt in Guanay. Hier organisierten wir unsere Camping-Ausrüstung und den Proviant für die nächsten Tage. Nach weiteren drei Stunden auf dem Fluss kamen wir dann in unserem ersten Camp an. Ein wirklich idyllischer Ort neben einem Fluss mit kristallklarem Wasser. Nachdem die Zelte aufgestellt waren, bestiegen wir den schwindelerregenden Aussichtspunkt über dem Camp und nahmen anschliessend ein erfrischendes Bad im Fluss. Der Abend am Lagerfeuer wurde dann sehr gemütlich. Wir haben Marshmallows gegrillt und rausgefunden, dass man in Gegenwart von Neuseeländern immer noch nicht mit dem Americas-Cup-Sieg der Alinghi prahlen sollte.

Am nächsten Morgen machten wir zuerst eine zweistündige Wanderung zu einem wunderschönen Wasserfall, wo wir schwimmen konnten. Danach ging es auf dem Fluss weiter. Wir machten Halt in kleinen verschlafenen Nestern. Im Verlauf des Nachmittages erreichten wir den Rio Beni und bald auch die Grenze zum Naturschutzgebiet Madidi. Bis hierhin war der Fluss gesäumt von Goldschürfern. Von grossen Abbauanlagen bis hin zu Ein-Mann-Betrieben mit primitivsten Werkzeugen, alle suchen hier nach dem grossen Glück. Wir schlugen unsere Zelte an einem weiten Sandstrand nahe des Flusses auf. Noch vor dem Abendessen zogen wir los auf eine nächtliche Dschungeltour. Leider konnten wir ausser ein paar Baumratten (die uns unser Guide dreist als Baby-Monkeys verkaufen wollte) keine Tiere sehen. Aber die Stimmung im dunklen Dschungel, mit den vielen Geräuschen war schon einmalig. Nach dem Abendessen sind die meisten schnell ins Zelt. So mussten Moe und ich alleine die Wein- und Bierreserven aufbrauchen. Es war ein gemütlicher Abend am Lagerfeuer. Allerdings habe ich erst am nächsten Tag gemerkt, dass mich die Sandflies total verstochen hatten. Es juckte mich noch tagelang am ganzen Körper.

Als wir am nächsten Morgen zu unserem nächsten Dschungel-Marsch aufbrachen, konnten wir wenige Meter von unserem Camp entfernt frische Jaguarspuren sehen. Wahrscheinlich hat uns das Kätzchen die längste Zeit beim Rotwein trinken beobachtet. Die Tiere sind schon da, können sich aber in dem riesigen Park gut vor uns verstecken. Denn auch auf dem Morgentrekk konnten wir leider keine Tiere sehen. Das Mittagessen haben wir dann auf dem Boot eingenommen. Am Nachmittag kamen wir an unserem Ziel in Rurrenabaque an. Das Dorf ist viel schöner, als wir es uns vorgestellt hatten. Wir haben im tollen Hostel Oriental ein günstiges Zimmer bezogen, uns erst mal eine Dusche gegönnt und uns in der Hängematte erholt. Im Verlauf des Nachmittages hat dann so ziemlich jeder mal über Bauchschmerzen und Durchfall geklagt. Kein Wunder, wenn man bedenkt, wie die hygienischen Standards der letzten Tage waren. Kochen mit Wasser aus dem verdreckten Fluss, Abwasch mit dem selben Wasser und Zubereitung der Hühnchen auf dem Boot sind schon eine Herausforderung für unsere industrialisierten Verdauungstrakte. Der Spuck war dann zumindest bei Rapha und mir aber schnell wieder vorbei. Das Abschiedsessen konnten aber die wenigsten richtig geniessen.

Am Sonntag mussten wir uns von den Neuseeländern verabschieden. Wir hatten eine wirklich tolle Gruppe mit vielen lustigen Momenten und wir haben uns vorgenommen, unsere neuen Freunde im nächsten Jahr am anderen Ende der Erde zu besuchen. Louise und Nick, die beiden Südafrikaner, sind mit einer anderen Tour weiter in die Pampas gezogen. Wir hatten erst mal genug von Wildlife und beschlossen deshalb, einfach einige Tage im Ort zu bleiben und die warmen Temperaturen zu geniessen. Wir faulenzten nach belieben und rafften uns nur zum Baden und zum Essen auf. Das hat sehr gut getan. Vor allem schätzten wir die Wärme, nachdem wir uns die letzten Monate immer in höheren und damit kälteren Gefilden aufgehalten hatten. Am Dienstag-Abend kamen unsere südafrikanischen Freunde aus den Pampas zurück und wir verbrachten noch einmal einen geselligen Abend zusammen. Wir werden die beiden vermissen.

Der Rückflug nach La Paz dauerte zwar nur 40 Minuten, war für mich aber der reinste Horror. Die kleine Propellermaschine schaukelte ganz gewaltig und Rapha die Ärmste musste mich bei einigen Hyperventilations-Attacken beruhigen. Es ging zwar alles gut, aber ich werde mich ganz bestimmt nie wieder bei vollem Bewusstsein in so eine Klapperkiste setzen. Grosse Flugzeuge können die Strecke übrigens nicht fliegen, weil es von Rurre nach La Paz die ganze Zeit und viel zu steil nach oben geht. Wir sind also gut wieder in unserer WG angekommen und gönnten uns nach den Flugstrapazen ein leckeres Raclette bei Jean-Claude im Restaurant Swissfondue.

El Tocoloco

La Paz und die Yungas - 5. bis 20. September 2015

Nach einer 4-stündigen Fahrt entlang des Titicacasees und einer kurzen Übersetzung mit der Fähre sind wir noch vor Einbruch der Dunkelheit in La Paz angekommen. Wenn man die Warnungen des EDAs beherzigen will, sollte man hier nachts aufpassen und nur sogenannte Radiotaxis nehmen, weil Express-Entführungen an der Tagesordnung seien. Dummerweise stand nirgends, wie denn so ein Radiotaxi ausschaut. So sind wir halt trotzdem einfach ins nächstbeste Taxi gestiegen und zum Hostel gefahren. Der Taxifahrer war zum Glück sehr freundlich. Er erklärte uns auch, dass am nächsten Tag, am sogenannten "Día Nacional del Peatón", in der ganzen Stadt keine Autos fahren dürfen. Da hatten wir ja wieder mal Glück. Einen Tag später und wir hätten mit dem ganzen Gepäck durch die Stadt laufen dürfen. Das wäre dann wahrscheinlich gemäss EDA einem Suizid-Versuch gleichgekommen.... ;-)

Eigentlich wollten wir ja nur kurz in La Paz bleiben und am Montag mit Gravity zu einer 6-tägigen Mountainbike-Tour nach Rurrenabaque im Amazonas aufbrechen. Leider waren wir am Samstagabend immer noch die beiden einzigen Teilnehmer und die Tour wird erst ab fünf Personen durchgeführt. Marcos von Gravity war aber immer noch optimistisch, dass wir die Gruppe bis Sonntag zusammen bringen würden.

Am Sonntag sind wir dann mal durch die autofreie Innenstadt geschlendert. Das war richtig toll, diese Grossstadt so kennen zu lernen. Die Leute spielten auf der Hauptstrasse Fussball, tanzten Flashmob und flanierten auf der Hauptverkehrsader. Eine richtig entspannte Atmosphäre. Um 14.00 Uhr wollten wir uns mit Simon und seiner Freundin in seinem Restaurant "Tomate" treffen. Ich kannte Simon noch flüchtig aus der Sonntagsschule und zufällig hat ein gemeinsamer Freund von uns mich darauf aufmerksam gemacht, dass Simon in La Paz wohnt. Also haben wir Kontakt aufgenommen und dieses Treffen vereinbart. Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden und bei einer Partie "Eile mit Weile" und gutem Wein alte Erinnerungen ausgetauscht. Das Spiel (ein Schweizer Klassiker, aber mit Karten gespielt) wurde uns von seiner Freundin Claudia auf Spanisch erklärt. Die beiden erzählten uns, dass sie am 3. Oktober in La Paz heiraten und haben uns spontan zur Hochzeit eingeladen. Das ist ja mal ein Ding. Wir haben natürlich ebenso spontan zugesagt. So viel zu unserem Plan, nur kurz in La Paz zu bleiben. Leider mussten wir die gemütliche Runde abrupt abbrechen, weil wir uns noch mit Marcos verabredet hatten, um das weitere Vorgehen bezüglich der Bike-Tour zu besprechen. Marcos erzählte uns, dass die Tour am nächsten Tag leider nicht stattfinden wird. Damit hatten wir gerechnet. Da wir nun aber wegen der Hochzeit fast einen Monat in La Paz bleiben, beschlossen wir, den Start auf den 21. September zu verlegen. Für dieses Datum hatten sich nämlich bereits fünf Neuseeländer angemeldet. Da Marcos wegen der ganzen Geschichte offenbar ein schlechtes Gewissen hatte, offerierte er uns, dass wir während dieser Zeit sein Zimmer beziehen könnten. Dieses stand frei, weil er zurzeit an Krücken geht und deshalb bei einem Freund einquartiert ist. Wir nahmen das Angebot mit Freude an und vereinbarten einen hammer Mietpreis von USD 70.00 für den Monat.

So kam es, dass wir am Montag ins Gravity House einzogen. Dabei handelt es sich um eine Wohngemeinschaft der Guides von Gravity im schönen Stadtteil Sopocachi. Der einzige anwesende Guide war Ansel aus Kanada. Nach kurzer Zeit kam dann der Auftritt von Kieron. Der kam nämlich um 11.30 Uhr direkt vom Ausgang nach Hause und war so sternhagelvoll, dass er nicht mehr alleine stehen konnte und seine Freundin ihn stützen und ins Bett bringen musste. Zudem hatte er nette Zeichnungen im Gesicht - so 'ne Art Kriegsbemalung.... reife Leistung. Wir haben uns am nächsten Tag dann erneut vorgestellt :-)

Um uns einen besseren Überblick über die Stadt zu verschaffen, schlossen wir uns einer Citytour an. La Paz ist eine der schönsten Städte auf unserer Reise bisher. Völlig unterschätzt und die eingangs erwähnte Panikmache des EDAs können wir bisher auch nicht nachvollziehen. Um uns für die Hochzeit vorzubereiten, mussten wir festliche Kleidung finden. Diese fehlt natürlich in unserem Rucksack. Wir sind auf dem riesigen Strassenmarkt ziemlich schnell fündig geworden. Ich werde mir einen Anzug für 100 Bolivianos mieten (ca. 15 CHF) und Rapha hat sich die Garderobe für 260 Bolivianos zusammengekauft, was rund CHF 35 entspricht. Billiger als beim Vögele (geiler Satz). Das einzige Problem waren die Schuhe. Die kleinen Bolivianer haben leider auch kleine Füsse. So haben wir für Rapha nirgends Schuhe gefunden und wir waren in sehr vielen Geschäften. Also haben wir mit Simons Vater in der Schweiz Kontakt aufgenommen, ihm von meiner Mutter ein Paar Schuhe von Rapha vorbei bringen lassen und ihn gebeten, diese für die Hochzeit mit nach Bolivien zu nehmen. Das hat alles wunderbar geklappt. Vielen Dank an dieser Stelle an Konrad und Mammi. Wir haben uns noch einmal mit Iseli und Claudia zum Pizza-Essen getroffen, im Restaurant "Swissfondue" endlich ein ausgezeichnetes Fondue gegessen und Jean-Claude, den Besitzer aus Fribourg kennen gelernt.

Nach ein paar Tagen wollten wir wieder raus aus der Stadt. Wir beschlossen, mit Gravity die berühmte "Death Road" runter zu radeln und sind dann gleich eine Woche in den Yungas geblieben. Wir haben uns ausserhalb des Ortes Coroico ein Häuschen im Wald gemietet, wo wir selber kochen konnten und kein WLAN hatten. Das war super entspannend. Danach haben wir noch eine Nacht in der "Senda Verde", einem Tierschutzpark verbracht. Wir waren im Baumhaus untergebracht und wurden am Morgen von einem Ara und zwei Affen geweckt, die neugierig durchs Fenster guckten. Unsere Freunde von Gravity haben uns dann wieder nach La Paz mitgenommen und uns natürlich vor der Türe unserer WG abgesetzt. Rund-um-Service. Weil für Sonntag den 20. September Wahlen anstanden, gab es in ganz La Paz ab Freitag Mittag keinen Alkohol mehr zu kaufen. Das hat unsere WG-Freunde natürlich wenig gestört und so wurde am Samstag bis früh morgens die Hausbar geplündert. Am Sonntag haben wir uns dann noch einmal mit Simon, seinem Vater und Claudia getroffen.

Nun freuen wir uns riesig darauf, endlich die langersehnte Biketour nach Rurrenabaque in Angriff zu nehmen. Laut Lonely Planet eines der besten Outdoor-Abenteuer in ganz Südamerika. Wir sind gespannt.

Autofreies La Paz

Titicacasee, Bolivien - 28. August bis 4. September 2015

(Video)

Nach 77 Tagen in Peru haben wir es endlich geschafft, das Land zu verlassen. Wir sind mit dem Nachtbus von Cusco via Puno nach Copacabana am Titicacasee (Bolivien) gefahren. Dieser See ist etwa 16 Mal grösser als der Bodensee und liegt auf einer Höhe von 3'810 Metern. Das ist zwar "nur" etwa 600 Meter höher als Cusco, machte uns aber ganz schön zu schaffen. Wir waren ziemlich aus der Puste, als wir das "Hügeli" zum Hostel erklommen hatten. Die Unterkunft im La Cupula war aber einmalig schön. Wir gönnten uns eine Suite mit eigener Küche und Panoramafenster mit Sicht auf den Hafen. Vor unserem Zimmer weideten Lamas und Alpacas. So lässt es sich definitiv gut ankommen. Von Julia und Robert (Kojen-Genossen auf den Galapagos) wussten wir, dass man hier Fondue essen kann. Darauf freute ich mich schon seit Monaten. Leider war das Essen dann für echte Schweizer Fondue-Puristen eher eine Enttäuschung. Nach dem Essen verkrochen wir uns mit Bettflasche bewaffnet im Bett. Rapha hat auf dieser Höhe leider grosse Probleme zu schlafen und so wurde die bitterkalte Nacht für sie zu einer weiteren Durchhalte-Übung. Am nächsten Tag mussten wir das Zimmer wechseln. Dieses war dann gottseitdank etwas wärmer.

Copacabana ist der wichtigste Wallfahrtsort des Landes und an jedem Wochenende kommen Leute von ganz Bolivien da hin, um ihre Autos segnen zu lassen. Das war lustig anzuschauen, wie die mit Girlanden verzierten Fahrzeuge gesegnet und anschliessend mit Bier übergossen wurden. Wir haben uns noch die schöne Basilika angeschaut und sind auf den Hausberg gepilgert, um die Aussicht und den Sonnenuntergang zu geniessen. Leider war der "heilige" Ort völlig zugemüllt. Uns ist es schleierhaft, wie die Gläubigen hier im Dreck ihre Kerzen anzünden und ihre Zeremonien abhalten können.

Am nächsten Tag fuhren wir dann morgens mit dem Boot zur Isla del Sol rüber. Nach einer zermürbenden Fahrt sind wir nach drei Stunden endlich im Norden der Insel in Challapampa angekommen. Zermürbend deshalb, weil das Boot so abartig langsam war und es an Bord dermassen nach Benzin gestunken hat. Auf der Insel haben wir uns dann erstmal ein Hostel ausgesucht und auf der Terrasse ein wenig gelesen. Weil wir erst später auf Erkundungstour aufbrachen, hatten wir den kleinen Ort fast ganz für uns alleine, weil die meisten Touristen die Insel nur einen Tag besuchen und bereits wieder Richtung Süden verschwunden waren. Wir mussten nicht einmal mehr Eintritt zu den Chinkana Ruinen bezahlen und trafen in der weitläufigen Anlage keine anderen Besucher. Nach einer erstaunlich warmen Vollmond-Nacht sind wir dann auch nach Süden gewandert. Wir hatten beide Mühe, die 200 Meter zum Grat hoch zu laufen. Offensichtlich hatten wir uns auch nach vier Tagen noch nicht an die Höhe gewöhnt. Danach ging es aber ziemlich flach weiter über die Insel bis nach Yumani und wir konnten die tolle Aussicht auf den unglaublich blauen See und die schneebedeckten Berge im Hintergrund geniessen. Wir haben weitere zwei Nächte in Yumani verbracht und von da aus den Süden der Insel erwandert. Nachdem wir den Kaffee durch Coca-Tee ersetzt hatten, konnten wir uns auch langsam mit der Höhe anfreunden. Es ist wirklich beeindruckend, wie wirksam diese Pflanze ist. Im Hostel haben wir Bekanntschaft mit Daniel und Lars aus Berlin gemacht und mit ihnen ein paar interessante Stunden verbracht. Ansonsten haben wir vor allem uns selbst und die Ruhe genossen. Es war wunderbar auf der Insel.

Da uns das La Cupula in Copacabana kein Zimmer anbieten konnte, mussten wir nach unser Rückkehr ins Las Olas ausweichen. Das Hotel gehört dem gleichen Besitzer und liegt gleich nebenan. Weil unsere Cabaña noch nicht bezugsbereit war, gingen wir ins Cupula zurück zum Mittagessen. Vom Balkon aus bemerkten wir ein Schweizer Pärchen im Innenhof. Nach einer Weile fing der Typ an, mit seinen Eltern zu telefonieren. Nach einer weiteren Weile dachte ich, dass mir diese Stimme bekannt vorkommt. Ich schaute genauer hin und fragte Rapha, ob das Iseli wäre. Könnte sein, aber sicher waren wir uns beide nicht. Also rief ich der Freundin des telefonierenden Typen zu, ob denn das Iseli wäre. Die Frage wurde durch ein lautes "das glaub ich ja nicht" vom Typ am Telefon und ungläubige Blicke aller Beteiligten beantwortet. Vielleicht muss ich hier noch erwähnen, dass Iseli während drei Jahren mein Sitznachbar an der famosen HFW war und ich ihn seither nicht mehr gesehen habe. Also ein weiteres Kapitel im spannenden Buch "Traveller's Destiny". Wir konnten alle kaum glauben, was gerade passiert war. Bei einem Bierchen verarbeiteten wir diese unverhoffte Begegnung und wärmten alte Geschichten auf. Iseli und Claudia sind auf Weltreise, haben in Südamerika in etwa dieselbe Reiseroute wie wir gewählt und sind "etwas" schneller unterwegs als wir. So kam es, dass sich unsere Wege im beschaulichen Copacabana gekreuzt haben.

Wir genossen noch ein paar geruhsame Tage im Las Olas, bevor wir in die noch höhere Hauptstadt La Paz weiter zogen.

Aussicht aus unserer Suite im La Cupula