Santa Cruz, Bermejo und Samaipata, Bolivien - 8. bis 18. Oktober 2015

(Video)

Da wir viele Horror-Stories über Busfahrten in Bolivien gehört hatten, beschlossen wir, mit dem Flugzeug nach Santa Cruz zu reisen. Ich hatte zuvor viele Stunden im Internet recherchiert, bis ich sicher war, dass wir nicht wieder in so einem Laubflieger sitzen, der mich schon beim blossen Anblick zum Hyperventilieren bringt. Aber schlussendlich haben wir den passenden Flug gefunden und sind bequem innerhalb einer Stunde über die Cordillera Real ins Tiefland geflogen. 

Santa Cruz ist mit rund 1,5 Millionen Einwohnern die grösste Stadt Boliviens. Hier wird vor allem auch viel Geld aus dem Kokaingeschäft gewaschen und die Stadt wächst immer noch kreisförmig nach Aussen. Wir machten es uns am Hostel-Pool in den Hängematten bequem, um uns an das feucht-heisse Klima zu gewöhnen. Am Abend haben wir uns mit Luca, einem ehemaligen Junioren der Hurricanes Lenzburg, zum Essen verabredet. Luca arbeitet seit einigen Monaten als Rohstoffhändler hier und gehört mit seinem Schweizer Salär hier der Oberschicht an. Das letzte Mal, als ich ihn gesehen habe, war er 14 Jahre alt und ich zählte bereits 25 Lenze. Damals bestand er für mich nur aus einem übergrossen Trikot und einem Helm mit Gitter und wir haben damals nie ein Wort gewechselt. Mit 16 hat er die Hurries verlassen. Dank Facebook habe ich mitbekommen, dass es ihn nach Santa Cruz verschlagen hat, und so haben sich unsere Wege nach langer Zeit wieder gekreuzt. Es war spannend zu sehen, was aus dem kleinen Pfupf geworden ist.

Am nächsten Tag haben wir beim Frühstück Anna und Laurence aus England kennen gelernt. Die beiden waren uns auf Anhieb sympathisch und sie wollten wie wir nach Samaipata weiterreisen. Wir beschlossen, am nächsten Tag gemeinsam ein Taxi zu nehmen und verlängerten noch einmal eine Nacht, obwohl uns die Stadt nicht wirklich gefallen hat. Leider hat das Wetter über Nacht massiv umgeschlagen. Der Wind aus den Anden brachte Regen, Wind und Kälte. So verbrachten wir den Tag in der nigelnagelneuen Ventura Mall und gönnten uns einen leckeren Burger im Hardrock Café.

Am nächsten Tag wurde dann nichts aus unserer gemütlichen Taxifahrt nach Samaipata. Wir warteten vergeblich auf unseren Fahrer und die Taxigesellschaft nahm unsere Anrufe einfach nicht mehr entgegen. So mussten wir notgedrungen zur Ecke fahren, wo die Sammeltaxis starten. Allerdings standen wir uns dort die Füsse in den Bauch und es wollte und wollte kein Fahrzeug kommen. Am Sonntag schien mal wieder keiner arbeiten zu wollen. Nachdem wir knapp zwei Stunden gewartet hatten, kam uns ein netter Bolivianer zu Hilfe und organisierte uns über Internet ein anderes Fahrzeug. Er begleitete uns sogar auf dem Fussmarsch durch eine eher ungemütliche Gegend dahin, wo der Minibus losfuhr und wir kamen endlich raus aus Santa Cruz. Rapha und ich stiegen bereits auf halbem Weg nach Samaipata aus. Hier in Bermejo wollten wir einige Tage auf einer Öko-Farm verbringen. Von der Strasse aus mussten wir mit all unserem Gepäck eine holprige Seilbrücke überqueren und waren froh, dass diese unserem Gewicht standhielt. Das Ginger’s Paradise wird von Chris und seiner Frau Sol geführt. Chris war Gitarrist bei „System of a Down“ und „American Flag“, zwei meiner absoluten Lieblingsbands. Irgendwann hatte er die Schnauze voll vom Musikbusiness und ist mit dem Fahrrad von Hollywood Richtung Süden gefahren und in Bolivien hängen geblieben. Hier hat er sich seinen Aussteiger-Traum verwirklicht und lebt praktisch ausschliesslich von selbst angepflanztem Grünzeug. Wollte man Musik hören, musste man zuerst auf ein zum Stromgenerator umfunktioniertes Velo steigen und in die Pedalen treten. Bei einem anderen Velo wurde auf dem Gepäckträger ein Mixer installiert, der ebenfalls mit Muskelkraft betrieben wird. Auch die Waschmaschine funktioniert nach diesem Prinzip. Alles hier ist einfach gehalten und die Dinge für den täglichen Gebrauch werden nach Möglichkeit selbst angebaut bzw. hergestellt. Wir schliefen im Massenschlag und mussten uns an die Trockentoilette und die eiskalte Dusche gewöhnen. Ein absolutes Highlight war das tolle Essen, das Sol jeden Tag auf den Tisch zauberte. Wir blieben drei Tage dort, machten Wanderungen und halfen auf dem Feld. Dabei habe ich in meinem Übermut beim Roden einiges an Gemüse zerstört. Die Wurzeln sahen für mich halt alle gleich aus. Chris’s Sohn Sisi hat mich nur völlig entgeistert gefragt, ob ich Probleme mit den Augen hätte. Am Abend spielten wir mit den anderen Gästen Schach und "vier gewinnt". Der Verlierer musste jeweils eine Tafel Schokolade bezahlen. Zwischendurch spielte Chris auf der Gitarre. Das waren wunderschöne Momente. In bester „System of a Down“ Manier zerstörte er die schönsten Melodien im richtigen Moment brachial. Ach, wie habe ich das vermisst… Als er mich fragte, wieso ich in der Schweiz alles hingeschmissen habe und durch Südamerika reise, antwortete seine Frau „because he is a rebel“. Dabei ist mir in Gegenwart dieser Koryphäe vor stolz fast der Kragen geplatzt. Wir waren richtig traurig, als wir das Paradies verlassen mussten. Chris und Sol sind so herzlich und wir haben uns in ihrer Familie richtig wohl gefühlt.

Und weiter ging es nach Samaipata. Wir warteten in sengender Hitze zweieinhalb Stunden am Strassenrand, ehe uns ein Bus mitnahm. Das war extrem schlechtes Timing... es war nämlich gerade Mittagszeit und damit Siesta... es fuhren kaum Fahrzeuge. Irgendwann kamen wir dann aber doch in Samaipata an. Wir wohnten im Hotel Landhaus, wo Anna und Laurence bereits auf uns warteten. Das Hotel hatte einen tollen Garten mit Pool und wir blieben fünf Tage hier. Wir besuchten die wunderschönen Wasserfälle von Cuevas, die Inka-Festung „Fuerte de Samaipata“ und ein Weingut. Sonst faulenzten wir. Für die Weiterfahrt nach Sucre entschieden wir uns wiederum für das Flugzeug. Wir wollten uns die 14-stündige Holperfahrt im Bus nicht antun und entspannt am Ziel ankommen.

omnipräsent


Chris erklärt die Welt

Stairway to Heaven

Ausserhalb von Bermejo

Ginger's Badi

Laguna Volcán, Bermejo

Unten eingebettet liegt das Ginger's Paradise

Unsere Unterkunft im Ginger's

wegweisend

Öffnen der Kokosnuss

Vorfreude auf das leckere Essen

Zuckerrohrsirup

Abschied vom Paradies

Badi

Cascadas de Cuevas

Impressionante

Natur pur

Samaipata

Golfplatz für Maass

Fuerte de Samaipata

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